Kürzlich erhielt ich folgende Mail mit dem Einverständnis der Autorin, sie in diesem Biographieblog zu veröffentlichen. Wie bei allen Beiträgen, freuen wir uns über Feedback:

Lieber Herr Mäckler,
ich möchte Ihrer Bitte eines Feedback nachkommen… Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit, meine Biographie zu erarbeiten, bzw. zu schreiben. Ich sehe es als eine Chance, die mir sonst evtl. für immer verwehrt wäre. Da ich im alleine Schreiben erkannte, dass ich den Faden verliere und nicht weiß, wie ich weiter komme. Die Biographiebriefe sind dieser rote Faden, an dem ich mich anhalten kann, der mich durch den Dschungel meiner Lebenserfahrungen und Lebenserinnerungen leitet.

Auch technische Erläuterungen, wie ich diese schwierige, aber sehr bereichernde Arbeit angehe sind für mich äußerst hilfreich. Ebenso bin ich dankbar für die Anregungen zur Familienchronik und zur Genealogiearbeit, sowie für die Hinweise, worauf in rechtlichen Belangen zu achten ist.

Ich muss jedoch sagen, dass ich die Briefe zunächst nur überflogen habe und bei Biographiebrief 2 (und 3 …  ist für mich 1 Projekt) feststecke. Besonders die Sammlung der eigenen Erinnerungen ist sooooo unendlich schmerzhaft, dass ich es nicht täglich schaffe zu schreiben, mitunter brauche ich Wochen, um mich vom Schreiben zu erholen. Ebenso ergeht es mir mit der Betrachtung von Fotos.

Bedauerlicherweise ist das Erschrecken über die „Reichhaltigkeit“ meines Lebens sehr groß, das war mir aber durchaus schon von dem Beginn bewusst. Aber die Erlebnisse, die nur in Brüchstücken erinnerbar sind und sofort wieder in die Verdrängung abgleiten, sozusagen schwarz auf weiß gesammelt vor sich zu haben (und da gibt es noch genügend Erinnerungslücken, die Schlimmes von meinem Bewusstsein fernhalten), das ist ein Schmerz, der schwer erträglich ist, der aber, wenn ich mich diesem stelle, sehr heilsam ist. Dazu bin ich bereit und willens.

Wichtig ist für mich, mir die Zeit zum „Erholen“ zu gönnen. Diese Arbeit in einer Geschwindigkeit zu machen, die mir erlaubt, die Bewußtmachung zu integrieren. Und … nein, ich fand die bisherige Arbeit nicht oberflächlich, ganz und gar nicht. Jedoch scheint Oberflächlichkeit nicht in meinem Leben angelegt zu sein. Bereits das Sammeln von Erinnerungen trifft mich mit voller Wucht und zum Teil mit vielen Einzelheiten und auch mit Zusammenhängen in meinem Leben. D.h. ich muss neben dem Schreiben an den Biographiebriefen alle Erfahrungen mit dem Schreiben verarbeiten. Dazu helfen mir Psychotherapie und das Schreiben meines Tagebuchs und noch andere über Jahre erprobte Hilfsmittel.

Nun, da ich erkannte, dass ich evtl. eine Biographiearbeit, die für 2 Jahre angelegt ist, vermutlich nicht in dieser Zeit bearbeiten kann, sondern 4, 6 oder noch mehr Jahre brauchen werde – evtl. auch weniger, wer weiß – geht es mir besser.

Ich bin überzeugt, dass ich meine Biographie schreiben und auch dass ich sie veröffentlichen möchte (unter Pseudonym allerdings, falls Sie dazu Hinweise haben, wie ich das mache, wäre ich Ihnen dafür dankbar). Ich wusste, dass das schwierig und auch schmerzhaft wird, aber ich bin fest dazu entschlossen, mir mein Leben in seiner ganzen Vielfältigkeit zurück zu erobern, es anzunehmen. Ich denke auch, bzw. hoffe, dass dies Menschen in meiner Situation oder mit ähnlich schwierigen Lebensbedingungen Mut machen und inspirieren kann. Das ist jedoch nur ein Grund des Schreibens mit gewünschter Veröffentlichung.

Ihnen möchte ich dafür danken, mir die Möglichkeit zu geben, mich eines weiteren Hilfsmittels zu bedienen, um zu heilen. Die Biographiebriefe sind bislang ein geeignetes Instrument, mehr noch: Sie sind eine Aussicht auf Zukunft. Denn jede andere Hilfe, wie z.B. dass jemand anderes für mich schreibt, ist mir einerseits aus finanziellen Gründen nicht möglich, und anderseits kann ich mich ausdrücken, und so ist das Schreiben dieser Teil an Heilung auch für mein Selbstvertrauen. Nämlich es selbst geschafft zu haben.

Ich hoffe, nicht zu persönlich geworden zu sein, aber ohne diesen Einblick wäre mir eine Rückmeldung nicht möglich gewesen.

Herzlichen Dank und mit besten Grüßen
Anna A.

Aus meiner Antwort:

Liebe Frau A.,

haben Sie vielen Dank für Ihre facettenreiche Rückmeldung! Ich freue mich sehr, dass Ihnen meine Biographiebriefe auf Ihrem Weg hilfreich sind, die eigene Lebensgeschichte zu Papier zu bringen. Wenn die Schmerzen zu groß werden, könnten Sie auch in der 3. Person schreiben und Ihrer Hauptperson, Ihrem Ich, einen anderen Namen geben – vielleicht einen starken Namen, den Sie sich immer im Leben gewünscht haben. Eventuell wäre auch die Form eines biographischen Romans für Sie entlastend, wo Sie Realität und Fiktion miteinander vermischen und eine größere Distanz zu sich selbst und Ihre Lebensgeschichte aufbauen können.

Und ausserdem: Wählen Sie zum Einstieg in ein Thema zunächst die positiven Aspekte und bearbeiten Sie diese, bis Sie sich gewappnet fühlen, auch Schattenaspekte anzusehen.