Manchmal bedauere ich, keine universitäre Laufbahn eingeschlagen zu haben, die jahrelange Studien und Lehre finanziert, gleichgültig des ökonomischen Ertrags. Ständig nur Texte zu verfassen, die die Familie nähren, kann eindimensional sein und kaum Zeit lassen für die adäquate Beschäftigung mit erhellender wissenschaftlicher Literatur, wie sie auch in diesem empfehlenswerten Werk zur Entwicklung der Biographik in der Musikgeschichte vorliegt. Einleitende Teile darin ranken sich um die Legitimationsproblematik der Biographik im Umfeld der Wissenschaften disziplinübergreifend und thematisieren u.a. historisch wandelnde Kriterien zur Biographiewürdigkeit; allen voran die Gattung der Heroenbiographik früheren Zuschnitts, der Herrscherbiographik entlehnt, bis hin zur Musikerbiographie eines Bob Dylan, die sich modern gibt, gleichwohl auch ein kommerzielles Instrument der Selbst- und Fremdinszenierung ist. Fazit: Allen Musik- und Biographieinteressierten ist Melanie Unselds Studie angesichts des erforschten Quellen- und Facettenreichtums ans Herz zu legen!

Aus der Verlagsinformation: Grundlegende Veränderungen waren ausschlaggebend, um Musiker und Musikerinnen in das kulturelle Gedächtnis aufzunehmen: die Verbürgerlichung und zugleich Historisierung der Musikkultur, vor allem aber die damit verbundene Aufwertung als „edle Tonkünstler“. So entstand im 18. Jahrhundert die Idee der Biographiewürdigkeit von Musikern und somit die Grundlage, diese durch das biographische Schreiben in die Erinnerungskultur aufzunehmen. Anhand verschiedener biographischer Medien beleuchtet die Autorin zum einen, wie unterschiedlich sich biographische Konzepte dann bis in die Gegenwart ausprägten, und geht zum anderen der ambivalenten Beziehung der Musikwissenschaft zur Musikerbiographik nach.