Ein bemerkenswertes Buch über die Neuentdeckung der Eltern nach deren Tod anhand von Briefen und Tagebuchaufzeichnungen – von einer Seite, die nach dem Zweiten Weltkrieg wohl verschwiegen wurde von Millionen Eltern.

Aus der Verlagsinformation: Brisante Entdeckung auf dem Dachboden: Lange nach dem Tod seiner Eltern (1995/2000) und 70 Jahre nach dem frühen »Heldentod« seines Onkels findet Joachim Krause fast 2000 Briefe, die sie sich in den Jahren 1933 bis 1945 geschrieben haben, dazu einige Tagebücher. Wie beim Zusammensetzen eines Puzzles gewinnt in den Texten nach und nach ihr damaliges Denken, ihr Leben und Handeln Konturen. Die drei jungen Leute suchen Orientierung, und sie streiten – über den Nationalsozialismus und die Juden, über den Sinn von Krieg und Tod, über Sexualmoral und Glaubensfragen. Die Mutter erweist sich als glühende Verehrerin Hitlers, der Onkel als fanatischer Offizier, nur der Vater bewahrt sich eine gewisse kritische Distanz zur nationalsozialistischen Ideologie. Ihre Briefe werden zu authentischen Zeugnissen der Zeitgeschichte.

»Solch ungeschönte Stimmen aus der Vorzeit lassen uns begreifen, welcher Welt die heutige entstammt. Wir hören, wer unsere Eltern waren, bevor wir sie kannten.« (Christoph Dieckmann)

„Dieser Kampf gegen den Bolschewismus hat schon seinen Sinn“, berichtet beispielsweise Christian Krause 1941 als Soldat von der russischen Front. Das Theologiestudium liegt größtenteils gerade hinter ihm, nun schreibt er aus der Schlacht: „Es ist doch Tatsache, dass auch wir lieber Tote als Gefangene machen. Diese machen viel zu viele Scherereien. Besonders mit den Juden wird es nicht so genau genommen. Und ich sehe ein, dass es nötig ist. Wenn die Träger des Bolschewismus nicht brutal ausgerottet werden, wird nie Ruhe und Sicherheit in der Sowjetunion einkehren.“

Die Kinder Joachim, Ursula und Michael haben ihre Einsichten und Fragen nach der Lektüre der Briefe und Tagebuchaufzeichnungen zu Papier gebracht. Joachim fragt sich, wie er als Jugendlicher auf diese Familiengeschichte reagiert hätte. Er glaubt: „totales Unverständnis, Türenknallen, vielleicht sogar Auszug aus dem elterlichen Haus“.

Und heute, nach der Lektüre? „Ich bin vorsichtiger geworden beim Bewerten und Beurteilen, und zum Verurteilen sehe ich mich schon gar nicht berechtigt“, sagt er. „Immer wieder hat mich die Frage beschäftigt: Wie hätte ich mich wohl damals verhalten? Ich weiß es nicht.“

Die Einführung ins Buch können Sie hier lesen.

Und hier eine Leseprobe.