Die Wikipedia-Biographie als neues Subgenre der Biographik ist ein faszinierendes Phänomen, dem ich mich bereits mehrfach gewidmet habe. Siehe hier: https://www.meine-biographie.com/category/wikipedia-casus-mackler/

Bisweilen schaue ich auch auf meine eigene Wikipedia-Biographie,
und da vor allem auf die Versionsgeschichte, um aktuell zu bleiben. Nicht schlecht staunte ich jetzt über die Änderung des Wikipedia-Autors FelaFrey vom 28. Februar 2014, die Sie hier finden: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Andreas_M%C3%A4ckler&diff=114803630&oldid=109153375

Was hat FelaFrey aus der alten Version geändert? Sie lautete: „Ab dem Jahr 2000 hat Mäckler den Schwerpunkt seiner Tätigkeiten auf von ihm begründete [[Dienstleister]]-Unternehmen und das [[Marketing]] von Publikationen im [[Selbstverlag]] gelegt.“

Neu ist jetzt:
„Ab dem Jahr 2000 hat Mäckler den Schwerpunkt seiner Tätigkeiten auf von ihm begründete [[Bezahlverlag]]e und das [[Marketing]] von Publikationen im [[Selbstverlag]] gelegt.“

Laut FelaFrey habe ich also Bezahlverlage gegründet. Das ist falsch, aus folgenden Gründen:

1. Meine Sequenz Medien Produktion GmbH mit der Marke xlibri.de Buchproduktion bzw. xlibri.de Books on Demand (die Marke „xlibri“ ist mittlerweile erloschen und ich habe den Betrieb abgegeben) hat sich niemals als Verlag dargestellt, sondern als Medien- bzw. Buchproduktion mit Buchhandelsvertrieb.

2. Herstellung und Vertrieb von Büchern sind kein Privileg von Verlagen. Verlage sind Wirtschaftsunternehmen, die „vorlegen“, also in Autoren und Manuskripte Geld investieren. Da die Budgets knapp und das Angebot an Autorenleistungen nahezu unendlich ist, werden von Publikumsverlagen nur ca. 0,5 bis 1 Prozent aller von Autoren angebotenen Manuskripte angenommen. Rund 99 % der Manuskripte bleiben unpubliziert und bilden das wirtschaftliche Potenzial für Books on Demand Anbieter und Bezahlverlage.
Das Verlagswesen (es gibt übrigens auch Bierverlage) ist nur eine von mehreren Spielarten im Umgang mit Buchproduktionen und deren Vertrieb. Druckereien beispielsweise, die Bücher auch für Autoren (und nicht nur für Unternehmen und Verlage) herstellen, sind häufig keine Verlage, selbst wenn sie über eine eigene ISBN verfügen. Gleiches gilt für Dienstleister, beispielsweise Korrektoren, Lektoren, Grafiker, Hersteller etc. Sie alle in den „Verlagstopf“ zu werfen, ist fahrlässig.

3. In dem Wikipedia-Artikel Bezahlverlag werden Book-on-Demand-Anbieter als Bezahlverlage integriert. Das halte ich für problematisch und falsch, zumindest was mein früheres Unternehmen xlibri.de Buchproduktion und damit mich als Gründer betrifft. Wir treten in keiner Weise als Verlag auf! Bereits die Startseite von xlibri.de mit dem Kalkulator zeigt klar, worum es geht: Buchproduktion und was sie kostet. Das ist eine seriöse handwerkliche Dienstleistung, die nichts mit Bezahlverlagen und deren oft unlauteren Geschäftspraktiken zu tun hat.
In diesem Zusammenhang wird oft die Klage der „Autorenabzocke“ laut. Der Autor habe ja schon mit dem Schreiben seines Manuskripts (oftmals über Jahre hin) „vorgelegt“ und müsse jetzt weiter zahlen. Dazu ist zu sagen, dass niemand einen zwingt, sein Buch auf eigene Kosten drucken zu lassen, wenn man keinen Verlag findet, der das Manuskript haben will. Verlage sind Investoren (mit zunehmend schmelzender Marge), keine Sozialstationen. Wer sich über den merkantilen Niedergang von Autorenleistung beschwert, die zunehmend überhaupt nicht mehr honoriert wird, kann bei Wikipedia anfangen. Da schreiben Tausende qualifizierter Autoren kostenlos und andere machen damit Geschäfte. 

4. Zum Thema Selbstverlag habe ich einiges geschrieben, und auch über Books on Demand und das Geschäft mit Autoren in Sandra Uschtrins Handbuch für Autorinnen und Autoren (2010). Das Manuskript  finden Sie hier:  Mäckler_PoD_2009.

2002 sprach ich über Rematerialisierung digitalisierter Texte – ePublishing“ an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt während des Symposiums „Was ist Kommunikation… in Zeiten digitaler Revolution?“ der FRANKFURTER SCHULeN, 26. April 2002. Ich war als Experte für Books on Demand eingeladen worden.

5. Dass beim Thema Book on Demand bei Wikipedia die Publikationen von Manfred Plinke und dem Autorenhausverlag angeführt werden, obwohl der Autorenhausverlag auch ein Selbstverlag von Manfred Plinke ist, und meine Publikationen nicht, obwohl sie früher und auch maßgeblicher waren (würde ich mal behaupten, bei allem Respekt zu Manfred Plinke, wir schätzen uns beide sehr!), ist eines der Wikipedia-Phänomene, das nur durch Nichtwissen zu erklären ist. 2001/2002 schrieb ich im Auftrag von BoD Norderstedt u.a. eine 14-bändige Ratgeberreihe für BoD-Autoren. Ein Jahr vorher gab ich der Zeitschrift Net-Business ein längeres Interview zum Thema Books on Demand und Internet für Autoren, das meine Ansichten schon damals klar formuliert hat. Im digitalen Zeitalter gehört dem Selbstverlag die Zukunft, während Publikumsverlage zunehmens nur noch als Marke „weiterleben“ (siehe Eichborn-Pleite etc.).

Soweit meine Anmerkung zu dieser neuen Änderung in meiner Wikipedia-Biographie. Dass ich seit einem Jahr in Bad Sooden-Allendorf lebe, wäre nur eine Marginale möglicher Korrigenda. Und das Biographiezentrum gründete ich nicht „mit“, sondern ich war der maßgebliche Gründer, der weitere Mitstreiter/Mitglieder suchte. Das kann man auch hier nachlesen.

Last but not least: Ab 2004 scheint wohl nichts wikipedia-relevantes mehr in meiner professionellen Vita aufgetaucht zu sein, weder die wachsende Entwicklung des Biographiezentrums noch meine digitalen Biographiekurse, die erfolgreich auch im englischsprachigen und französischsprachigen Raum (derzeit noch im ersten Aufbau) angeboten werden. Möglichst viele Länder und Sprachen zu erreichen, wird meine Kernarbeit der nächsten Jahre sein.