Hier die Dankesrede der Preisträgerin Elke Meyer, die den Deutschen Biographiepreis 2011 in der Kategorie Privat-Biographien erhielt. Die Laudatio finden Sie hier.

Verehrte Anwesende

von irgendeinem unserer landläufig bekannten Comedians hörte ich einmal folgende Kurzversion eines Lebenslaufes. Völlig zutreffend bemerkte er: „Das Leben beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Aber dazwischen … musste gucken!“

Lieber Andreas (Mäckler) und lieber Stefan (Schwidder): Spätestens seitdem unsere Wege sich kreuzten, weiß ich, dass wir Biographen uns die Sache so einfach nicht machen können! Mit großer Dankbarkeit denke ich an die vielen anregenden Seminarsitzungen zurück, in denen Ihr uns, oft im Verbund mit weiteren Spezialisten, in profunder Weise das Rüstzeug für das biographische Handwerk vermittelt habt.

Und neben all den wertvollen Unterweisungen – seien sie in stilistischer, in psychologischer, in juristischer Hinsicht oder in Fragen der Layoutgestaltung erfolgt – wurde mir eines immer wieder deutlich:

Wenn sich ein – zumeist ja bereits älterer – Mensch an uns wendet und uns die Summe seines Lebens offenbart, so hat dies wohl kaum primär mit Eitelkeit zu tun. Die Bilanz der eigenen Existenz zu ziehen, ist nicht nur ein legitimes sondern ein notwendiges und in Buchform für den Betreffenden einmaliges Projekt. Wir sind dann in der Pflicht, ihn selbst sowie sein Empfundenes und Erlebtes möglichst authentisch und gleichzeitig in sinnvoller Verdichtung darzustellen. Und: Vielleicht entsteht ja sogar durch die konzentrierte Rückschau die Feststellung, dass alles eventuell eine innere Folgerichtigkeit hatte, vielleicht gelangt dieser Mensch sogar zur Akzeptanz von Umständen, mit denen er bisher haderte. Fest steht: Wir Biographen wissen, dass wir mit unserer Verantwortung sorgsam umgehen müssen.

Einen besonderen Dank möchte ich – wenn Sie gestatten – unbedingt noch loswerden: Er gilt meiner Mutter, und ich freue mich außerordentlich, sie hier und heute in meiner Nähe zu haben. Viele Jahre hindurch hatte meine Mutter sich mittels ihrer alten Schreibmaschine in bewegte Zeiten zurück gewagt.

Als Spross einer Fabrikantenfamilie aus Essen-Stoppenberg beschrieb sie für uns ihre behütete Kindheit und wechselvolle Jugend in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Kleine und große Szenen formierten sich dabei zu einem farbigen Mosaik, innerhalb dessen die dramatischen und schließlich tragischen Entwicklungen unaufhaltsam voranschritten.  Dabei gewährte sie spannende Einblicke in ihr familiäres und gesellschaftliches Umfeld, auch aus humorvoller Distanz, immer aber packend, lebensecht und voller Wärme.

Ich wusste, dass ich sie auf dieser Basis von einem gemeinsamen Buch überzeugen musste. Wie geduldig beantwortete sie meine zahllosen Fragen, schrieb nochmals ergänzende Texte, mobilisierte ihren reichen Schatz an Fotografien und verlieh lange verstorbenen Menschen erneut eine lebendige Charakterzeichnung. Meiner Mutter widme ich diese Auszeichnung, denn sie hat verdienten Anteil an ihr.

E. Meyer, 23.09.2011

Den Artikel des Schlei-Boten (Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag) vom 17.10.2011 zu Elke Mayer finden Sie hier.