Das Schöne an unserer Arbeit als Biograph ist, dass wir nie auslernen und ständig mit interessanten Menschen und Kollegen zu tun haben. Deshalb interessiert mich auch das Thema der Biographiearbeit in Altenheimen. Hier hat Prof. Erwin Böhm (Österreich) grundlegendes geleistet.

Sein zweibändiges Werk Psychobiographisches Pflegemodell nach Böhm (Band I: Grundlagen), erschienen im Wilhelm Maudrich Verlag (Wien), ist jetzt in 4. überarbeiteter Auflage ediert worden: Eine Fundgrube zur Selbst- und Menschenkenntnis, nicht nur für Pflegekräfte. Aus dem Klappentext: „Dieses zweibändige Werk von Prof. Erwin Böhm ist das Resümee einer jahrzehntelangen Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Psychogeriatrie. Die Böhm’sche Methode der Pflegediagnose weist erfolgreiche Wege aus der verwahrenden Pflege hin zu einer verstehenden, einfühlenden und reaktivierenden ‚Seelenpflege‘. In diesem unorthodoxen Ansatz wird der Altenbetreuer mehr und mehr zum hellhörigen Beobachter und kompetenten Pflegeforscher, der den alten Menschen dort ‚abholt‘, wo er gerade steht, nämlich im Tertiär- und Kollektivgedächtnis.

Die Altenpflege wird damit zu einem dynamischen, kreativen und höchst anspruchsvollen Prozess, in dem es gilt, die für den alten Menschen bedeutsamen individuellen Gefühle und Geschichten zu erkunden und zu interpretieren. Der individuelle Werdegang des Betroffenen sowie der Zeitgeist seiner Prägung werden dabei zum Mittelpunkt der Tätigkeit des Pflegenden. Bevor der Körper mobilisiert wird, muss eben erst ‚die Seele bewegt werden’…“

Mag sein, dass das nach idealen Zielen kling. Wenn ich Besucher in Altenheimen war, machten sie auf mich keinen wirklich erfreulichen Eindruck. Sie standen nie auf meiner Wunschliste, die letzten Jahre und Tage betreffend. Aber es sind eben institutionalisierte Endstationen unseres Lebens, von denen niemand weiß, ob er sich ihnen entziehen kann oder anheim geben muss. Selbst Helden von früher – wie Altkanzler Helmut Schmidt – leben heute im Altenheim. Dass der Begriff der „Abwrackprämie“ auch hier – nicht nur in Witzen – Einzug gehalten hat, verdeutlicht umso mehr die Wichtigkeit der bewusstseins- und persönlichkeitsbildenden Arbeit von Prof. Böhm. So, wie wir mit anderen Menschen umgehen, gehen wir auch mit uns selbst um – nur merken wir dies kaum.