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Gestern wurde u.a. darüber ausgetauscht, ob und wenn ja, welche lexikalische Relevanz mein Aufenthalt in Schloss Friesenhausen (bei Haßfurt, Ostunterfranken) habe. Dazu möchte ich folgende Geschichte erzählen:

Mein bester Schulfreund W.F., der zwischenzeitlich in Köln lebte, wanderte Ende September 1984 mit einem anderen Freund durch das schöne Hassgau. In einem alten Gasthaus im idyllischen Königsberg (hier wurde Regiomontanus geboren) erzählte ihnen ein älterer Herr, sie sollten weiter nach Friesenhausen ziehen, dort sei ein Schloß mit zwei imposanten Turnierreitern aus Sandstein zu bewundern, deren Pferden die Amerikaner Ende des 2. Weltkriegs die Vorderbeine abgeschlagen hätten, um mit ihren LKWs in die Eingangshalle fahren zu können. Also wanderten W.F. und sein Freund zum Schloß Friesenhausen.

Im Schloßgraben arbeitete der Gärtner und sprach die beiden Studenten an. Nach einiger Zeit öffnete sich oben im 1. Stockwerk ein Fenster und ein alter Herr schaute heraus, neben ihm ein neugieriger Dalmatiner. „Hier sind zwei Herren“, rief der Gärtner hinauf, „die wollen hier wohnen!“

„Dann sollen sie mal hochkommen“, rief der Herr freundlich hinunter. So begann eine Freundschaft, die bis zum Tod Wolfgang von Eichborns ging.

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Am 3. Advent, 15./16. Dezember 1984, machten wir unseren offiziellen Antrittsbesuch bei Wolfgang von Eichborn und seiner Lebenspartnerin Margarethe von Rotenhan. Sonntag morgen besuchten wir die Dorfkirche, wo der Hausherr als Laienprediger sprach. An diesem Wochenende formierte sich  der Plan, dass wir im Winter einhüten, während die Bewohner des Schloses im wärmeren Burgund weilten.

Und das taten wir dann auch: Anreise am Aschermittwoch 1985, 20. Februar. Ich seh’s noch vor mir, wie wir in der fallenden Dämmerung durch die eisige Landschaft zwischen Schweinfurt und Freezy fuhren – so nannten wir bald unser neues Heim. Es war saukalt in diesen Tagen, um die -15 Grad und kälter. Sorgfältig, wie mein Freund W.F. war, hatte er vorher dem Gärtner, Herrn Husslein, eine Karte geschickt, dass wir auch tatsächlich zum anvisierten Termin kämen.

Und dann kamen wir ins eisige Schloss – und kein einziger Raum war geheizt! Als wir eintrafen, hantierte Husslein gerade an einem Ölofen in der Bibliothek, das Thermometer zeigte – 7 Grad an. Wir waren irritiert, aber nicht untätig, feuerten Ölofen und Kamin an und holten zwei Matratzen mit einem Berg Decken aus den Schlafzimmern. In unsere Schlafsäcke gehüllt, saßen wir bibbernd, aber nicht unglücklich am prasselnden Kamin, tranken guten Frankenwein (der Hausherr hatte uns extra erlaubt, uns großzüg darin zu bedienen), rauchten und sprachen über Gott und die Welt, bis wir nicht mehr sprechen konnten 😉 .

Am nächsten Tag zeigt das Thermometer bereits 7 Grad Celsius an, es ging also aufwärts. Zum Arbeiten richteten wir uns in einem der ehemaligen kleinen Bedienstetenzimmer im Erdgeschoss ein, das mit einem Kohleofen gut und schnell auf normale Raumtemperaturen gebracht werden konnte, und schrieben konzentriert und munter unsere Hausarbeiten.

Nach Abschluss des Sommersemesters 1985 zog ich dann mit W.F.’s Hilfe am 30. Juli 1985 im Schloss ein (im Bild rechter Flügel Erdgeschoss, vom Baum verdeckt) und hatte eine rund 200-Quadratmeter-Wohnung für mich. Die einzige „Mietzahlung“ war, vormittags mit der rüstigen Frau von Rotenhan eine halbe Stunde Tischtennis zu spielen  – ich musste ihr die Bälle zuspielen, und sie schmetterte sie in die Ecken und freute sich. Nachmittags gegen 17 Uhr stand eine Stunde „Reversi“ auf dem Programm. Manchmal half ich bei den Gartenarbeiten, aber auch das war mehr ein Vergnügen.

In Friesenhausen schrieb ich neben meiner Dissertation und einem Gesprächsband mit anthroposophischen Künstlern die Einführungstexte zu meinen drei Dumont-Zitatensammlungen, die ich bereits während meinem Studium in Marburg angelegt hatte, und arbeitete hier auch an der Herausgabe einer Bettine-von-Arnim-Anthologie, das 1989 erschien, als ich schon zum Verlagsvolontariat nach München gezogen war.

Der Familie von Eichborn bin ich zu großem Dank verpflichtet! Es gäbe noch viele Geschichten zu diesen Jahren in Friesenhausen zu erzählen, aber das ein anderes Mal.