Verehrte Damen und Herren,
vielen Dank, dass Sie so zahlreich und freundlich heute Abend zu uns gekommen sind! In wenigen Stunden wird diese schöne Gegenwart Vergangenheit, aber nicht verloren sein. Wir vom Biographiezentrum, der Vereinigung deutschsprachiger Biografinnen und Biografen, setzen uns deshalb für die Förderung der Erinnerungsarbeit ein, insbesondere für die Familiengeschichten von Menschen, die ihre Lebenserinnerungen weniger für die Öffentlichkeit und den Buchmarkt als Bestseller edieren möchten, sondern vielmehr für die kommenden Generationen in der eigenen Familie. Also als Familienschatz, der von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Stellen Sie sich vor, in 100 oder 200 Jahren finden Ihre Nachkommen die Memoiren von Ihnen! Was glauben Sie, welche Lebens- und Erfahrungswelten sich diesen zukünftigen Erdenbürgern beim Lesen öffnen? Indem wir Biografien lesen, erfahren wir viel über das Leben anderer Menschen und Zeiten, und mögen sie weit zurück liegen, und wir erfahren auch viel über uns selbst. Fragen Sie sich, welche Biografien lesen Sie gern und was haben diese Vorlieben mit Ihnen persönlich zu tun? Sicher finden Sie erhellende Antworten. Eine könnte lauten, dass wir uns im Leben anderer Menschen in verschiedensten Facetten spiegeln bis hinein in unsere Wünsche und Sehnsüchte. Wer die Lebensgeschichten seiner Eltern und Großeltern liest, wird also auch viel über sich selbst erfahren. Wir spiegeln uns – bewusst und wohl mehr noch unbewusst – in unseren Vorfahren. Fragen Sie sich also selbst: Was haben Ihre Eltern und Großeltern Ihnen mitgegeben? Was geben Sie Ihren Kindern und Enkeln in der neuen Generation für die Zukunft mit?
„Leben kann man nur vorwärts“, schreibt der Philosoph Sören Kierkegaard, „das Leben verstehen nur rückwärts.“ Wer sein Leben also biografisch festhalten und in der Reflexion verstehen möchte, damit jedoch Schwierigkeiten hat, findet bei den Mitgliedern des Biographiezentrums kompetente Hilfe. Wir helfen Menschen, ihr Leben rückblickend zu erfassen, sprachlich zu gestalten und zu dokumentieren: als Buch, Hörbuch oder Film. Erinnerungsarbeit hat dabei weniger damit zu tun, in der Vergangenheit zu leben oder sich in ihr zu verlieren. Im Gegenteil: Erinnerung ist Gegenwart. Heute erinnern wir aber nur noch das, was aus der Vergangenheit gegenwärtig in uns wirkt, selbst wenn diese Erinnerung weit zurückliegt. So können Erinnerungsgegenstände – Fotos, Tagebücher, Briefe und andere Dinge – große Hilfen sein, um vergessen geglaubte Erlebnisse wieder zutage zu fördern, doch an erster Stelle steht das Erzählen. Eine erste Anregung zum biografischen Schreiben lautet daher auch: Schreiben Sie so lebendig und sinnlich, als würden Sie es Ihrem besten Freund oder Ihrer besten Freundin erzählen! Und da beginnen Sie ja nicht damit: „Du, ich muss dir eine unglaublich langweilige Geschichte erzählen …“ Nein!
„Du, ich muss Dir was Tolles erzählen …“ – so beginnen ja viele der schönsten Anekdoten. Oder: „Mama, erzähl doch mal, wie hast Du …“ „Papa, erzähl doch mal …“ „Wie war das damals?“
Wenn Sie mit einer Biografin oder einem Biografen aus dem Biographiezenrum arbeiten, bilden Ihre Erzählungen also die Basis, die zumeist mit einem Aufnahmegerät aufgezeichnet werden. Ihre Erinnerungen werden dann aber nicht einfach abgeschrieben, sondern umgeschrieben und geformt. Im besten Fall entsteht neben dem persönlichen Zeitzeugnis als Familienerbe auch Literatur. Schreiben ist wie Musizieren, nur mit anderem Instrumentarium: Jedes Kind kann Klaviertasten drücken, doch virtuos werden nur wenige, die viel, täglich und lang üben. So ist es ratsam, wenn Sie mit dem Verfassen der eigenen Biografie allein nicht weiterkommen, einen guten Geist zu engagieren, einen Biografen, jemanden, der das Handwerk des lebendigen Schreibens beherrscht.
Gehen Sie heute also mit uns auf eine kleine Reise durch die Werkstätten des Biographiezentrums, das in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum feiert: Hören und schauen Sie sich in Ruhe um, wie andere Menschen ihre Lebenserinnerungen mit unserer Hilfe zu Papier gebracht und ediert haben. „Wer schreibt, der bleibt“, sagt ein Sprichwort. Also schreiben Sie Ihre Biografie selbst oder lassen Sie sie von uns schreiben! Sie finden alle Mitglieder des Biographiezentrums auch über die Homepage biographiezentrum.de und können sie direkt kontaktieren. Einige von ihnen sind heute aus ganz Deutschland zu Ihnen nach Heidelberg gekommen, um uns zwei bis drei bewegende Stunden zu bereiten.
Genießen wir die Zeit – vielen Dank für Ihr Kommen!
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