Die Biographie – von Burton H. Wolfe geschrieben – ist zwar schon vor zwei Jahren in der Edition Esoterick auf deutsch ediert worden, doch mir erst jetzt auf den Lesetisch gekommen. Man muss kein Satanist sein, um das Buch mit Interesse zu lesen! Als Experte für Books on Demand sehe ich sofort, dass es in kleiner Auflage im Digitaldruck produziert worden ist. Da wünschte ich ihm eine  größere Verbreitung, denn es ist nicht nur gut und detailreich geschrieben.

Ebenso wie der Magier Hanussen, dessen Autobiographie ich vor kurzem vorgestellt habe,  kommt auch LaVey aus dem Gauklermilieu: „Samstag abends sah ich regelmäßig Männer, die lüstern die halbnackten Tanzmädchen auf dem Jahrmarkt anstarrten. Dann am Sonntag morgen sah ich die gleichen Männer wieder. Sie saßen zusammen mit ihren Frauen und Kindern beim Gottesdienst im Festzelt und baten Gott um Vergebung und Befreiung von ihren fleischlichen Trieben. Am nächsten Samstag abend waren sie dann wieder auf dem Festplatz… Mir war klar, dass die christliche Kirche nur durch ihre Scheinheiligkeit Erfolg hat, und dass sich der menschliche Geschlechtstrieb immer wieder durchsetzen wird, egal wie sehr er von irgendwelchen Weißlicht-Religionen geläutert oder gegeißelt wird.“

Zu den Angeboten seiner Magieseminare, die LaVey schon in jungen Jahren gab, gehörten „Geister, Spuk, Vampire, Werwölfe, Wahrsagerei, Voodoo, Menschenopfer, Kannibalismus, Zombies, Ungeheuer, menschliche Abnormitäten, Homunkuli, PSI sowie telepathische Botschaften.“

Bemerkenswert scheint mir der Detailreichtum des Buchs zu sein, gerade in den abwegig erscheinenden Bereichen. Ein Beispiel: „Die Frage lautete, auf welche Weise Anton sein Seminar zum Thema Kannibalismus veranschaulichen sollte. Darauf konnte es nur eine Antwort geben. Das Hauptgericht wurde von einem Arzt aus Berkeley zur Verfügung gestellt, der ebenfalls Besucher der Freitagabend-Seminare war. Es bestand aus dem Oberschenkel einer weißen, zweiundvierzig Jahre alten Amerikanerin, die in einem Krankenhaus in der östlichen San Francisco Bucht gestorben war. Der Arzt aus Berkeley hatte ihre Leiche einer Autopsie unterzogen. Diane, die nun Antons rechtmäßige Partnerin war, wurde zur Küchenchefin erkoren. Sie bereitete das Fleisch in Fruchtsäften, Triple-Sec-Likör und Grenadine zu; serviert wurde es mit gebackenen Bananen und Süßkartoffeln, so wie einst die Bewohner der Fidschi-Inseln ihr Puaka Balava („langes Schwein“, ihre Bezeichnung für Menschenfleisch) zubereitet hatten. Diane servierte das Gericht mit Tonkabohnen-Wein und Raupen. Die Teilnehmer, die das Essen nach Antons Mitternachtsseminar gemeinsam verzehrten, waren einvernehmlich der Meinung, es schmecke nach eienr Mischung aus Schwein und Lamm, salziger als Lamm, süßer als Schwein, nicht so zart wie Lamm, sondern recht zähfaserig wie ein Schweinekotelett.“

Wer spannende Stunden sucht, ist mit dieser Biographie eines Satanisten bestens bedient.