Schöne Preisverleihung im Göttinger Lumiere am 4. Dezember 2009 anlässlich des Rosa-von-Praunheim-Specials: Endlich konnte ich dem Regisseur Rosa von Praunheim (Foto, rechts) persönlich unsere Urkunde des deutschen Biographiepreises 2009 für seinen wunderbaren Film Meine Mütter – Spurensuche in Riga überreichen, der anschließend gezeigt wurde. Meine Laudatio, die ich für die Göttinger Veranstaltung allein auf den Preisträger Rosa von Praunheim modifiziert habe, finden Sie hier. Eine schöne Besprechung des Abends finden Sie auch im Göttinger Tageblatt vom 6. Dezember 2009 und im Stadtradio Göttingen, gesendet am 8. Dezember 2009.

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Wer die Gelegenheit hat, Rosa von Praunheim einmal live im Gespräch zu erleben, sollte die Gelegenheit nutzen! Es ist ein großes Vergnügen, seinen Erzählungen und Ansichten zu folgen.

So machte die Premiere seines neuen Films, Rosas Höllenfahrt, doppelten Spaß, weil die Dokumentation von ihm persönlich eingeleitet wurde, und er sich anschließend den Publikumsfragen stellte.

Ich will von dem Film nicht viel verraten, nur so viel: Sehen Sie ihn sich an! Auf seiner durchaus auch biographischen Reise findet der Regisseur Rosa von Praunheim die Hölle nicht im Jenseits, sondern schon hier: in Berlin, auf dem katholischen Kirchentag, bei Experten und solchen, die sich dafür halten. Schockierend, welchen Menschen und unglaublichen Ansichten der Regisseur begegnet ist! Daraus kann man nur folgern: „Die Hölle – das sind wohl wir!“ Für mich die ergreifendsten Szenen: Die Berliner Schauspielerin Melek Diehl während der Filmproben in Rosas Wohnung im Gebet, und dann wenige Minuten später tot auf der Straße – überfahren, 42 Schritte vor der Ampel. 

Aus der Verleihinformation: „Rosa von Praunheim hat einen langen Dokumentarfilm zur Geschichte der Hölle gedreht.

Es ist seine persönliche Suche nach den Ursprüngen der Seele, nach der Findung von Religionen und den Konzepten der Vergeltung im Jenseits. Rosa von Praunheim ist katholisch aufgewachsen, war Messdiener und hat die Androhung einer grausamen Hölle für den Todsünder von strengen Priestern in den fünfziger Jahren erlebt.

Jetzt als älterer Mann will er sich noch einmal auf die Suche nach der Hölle machen. Er befragt Theologen, Kulturwissenschaftler, Fundamentalisten und Religionskritiker. Er findet auch in anderen Religionen grausame Höllenvorstellungen, wie im Islam, bei den Hinduisten und selbst bei den Buddhisten gibt es acht kalte und acht heiße Höllen. Die ersten Berichte einer Unterwelt haben wir schon im Gilgamesch Epos bei den Sumerern, in der Odyssee bei den Griechen, die wiederum die jüdische Nachwelt beeinflusst haben und diese die Christlichen Vorstellungen. Die bekanntesten und grausamsten Höllendarstellungen finden wir im Mittelalterbei dem Maler Hieronymus Bosch und dem Dichter Dante, der in seiner Göttlichen Komödie detailliert eine Höllenfahrt beschreibt.

Seit der Aufklärung trat der Schreckensbegriff der Hölle in den Hintergrund. Trotzdem finden wir im katholischen Katechismus von heute die Androhung einer ewigen Hölle mit Feuerstrafen. Die bibeltreuen Evangelisten malen die Hölle in den schrecklichsten Farben aus. In der modernen Vorstellung der Menschen ist die Hölle durch Weltkriege und Holocaust längst auf der Erde angekommen. Auf der anderen Seite sind Höllenbilder in der Popkultur zum großen modischen Spaß geworden, in der Musikszene wie Black Metal zu einer scharfen Kritik an der christlichen Kirche.

Interessant ist, dass modernes Denken die Religion nicht verdrängt hat, im Gegenteil. Das Bedürfnis sich unsterblich zu machen, die Schwierigkeit sich mit dem Tod nicht abzufinden zu können und die Suche nach einer ausgleichenden Gerechtigkeit scheint den Menschen vom Tier zu unterscheiden. Vielleicht ist es der Traum, der uns befähigt unserer Fantasie freien Lauf zu lassen mit der Hoffnung auf ein besseres Leben für uns selbst und ein schlechteres für unsere Feinde.“