Als wir erstmals 2009 zu meinen neuen Schwiegereltern nach Uganda flogen, hatte ich mich gewundert, nach der 17-stündigen Anreise nichts zu trinken angeboten zu bekommen, nicht mal ein Glas Wasser – die Eltern hätten kein Geld, erklärte man mir damals. Werden wir heute vom Flughafen Entebbe abgeholt, warten im Van eine Auswahl gekühlter Getränke auf uns, und auch sonst hat sich seit 2009 dank finanzieller Zuwendungen unsererseits viel getan:
Neben dem kleinen 3-Zimmer-Haus mit zwei Schlafzimmern/Bad/WC, das damals schon stand, bauten die Eltern ein großes Wohnhaus mit etwa 250 Quadratmetern Wohnfläche, sowie ein Küchen- und zweites Gästehaus; damit der „Chef-Maurer“ stets verfügbar war, bekamen er und seine Familie ebenfalls ein Domizil gebaut am Rand des 8.000 Quadratmeter großen Grundstücks. Rund um unser Anwesen, wo vormals Palmen standen und Buschland war, haben neureiche Familien dann ebenfalls Häuser gebaut – möglichst mit Mauer und Stacheldraht, zur Sicherheit. Für 25.000 Euro bekommt man in Uganda schon recht schönen Land- und Hausbesitz. Wenn wir erklären, als Normalverdiener in Deutschland nur „arme Mzungus“ zu sein, lachen sie angesichts unseres Anwesens nur.

Apropos Korruption: Auf einer unserer Fahrten nach Jinja wurden wir von einer Polizistin rausgewunken. Die Bremslichter unseres Wagens flackerten beim Bremsen, statt durchgängig zu leuchten – dieses japanische Gimmick sei in Uganda verboten, erklärte die Polizistin. Nachdem sie uns ermahnt hatte, bald zur Werkstatt zu fahren und den „Schaden“ zu beheben, bot sie folgende Alternative an: Mit ihr zur Polizeistation fahren und den Fall zu protokollieren, oder … Nach Zahlung (unquittiert) von umgerechnet fünf Euro durften wir weiterreisen – keine schlechten Nebeneinnahmen für Polizisten, die etwa achtzig Euro im Monat verdienen, wenn sie dieses 5-Euro-Spielchen 10 bis 20 Mal am Tag durchziehen! Ich schätze, 95 Prozent aller in Uganda zugelassenen Autos weisen technische Mängel auf …
„Das ist überhaupt nichts, wenn es um Korruption geht!“, erklärte mir einer der Jungs aus unserer Familie, der in den USA studiert. Er musste einem der US-Immigration-Mitarbeiter für sein 5-Jahres-Visum 3.000 Dollar extra hinlegen – unter der Hand, zu den üblichen Gebühren: „3.000 Dollar for just one stamp!”

In Nairobi selbst war es erstaunlich kühl, doch die Gemüter im dichten Straßenverkehr erhitzten trotzdem schnell. Wir saßen gerade in einem der Großraumtaxis, in die rund 20 Leute passten, und warteten an einer Haltestelle auf die Abfahrt, als unser ramponierter Kleinbus von einem anderen Taxi beim Drängeln von hinten gestreift wurde. Die Beule am Heck war bei den hundert anderen Schrammen des Wagens eigentlich unerheblich, trotzdem wuchs die Aufregung, sogar ein Polizist wurde gerufen: Der schaute sich den Schaden an und ging achselzuckend wieder. Unser Fahrer dagegen legte den Rückwärtsgang ein, gab Gas und rammte dem Bus des Verursachers mit der Stoßstange eine Beule in den Kotflügel. „Tit for Tat“, wurde mir erklärt, der Gegner habe nicht zahlen wollen. Damit sei der Fall erledigt: Auge um Auge, Blech um Blech … Auch der Polizist winkte uns beim Davonfahren freundlich zu.
Als wir am nächsten Tag morgens um 8 Uhr mit einem Privattaxi zum Bahnhof in Nairobi fuhren, erklärte der Fahrer, wir hätten großes Glück: Für diesen Tag sei zwei Stunden später ein Streik ausgerufen, an dem alle Autofahrer mitmachen müssten, auch Taxis und Busse, weil der Benzinpreis wieder einmal stark erhöht werde. Das wolle man sich nicht gefallen lassen. Alle Autos in Nairobi sollten ab 10 Uhr dort anhalten, wo sie gerade waren, und zwei Stunden stehen bleiben – auf der Stadtautobahn, überall … Wer weiterfuhr, würde aus seinem Auto gezerrt und verprügelt; dann könne er zusehen, wie sein Wagen von der Fahrbahn zur Seite geschoben oder getragen würde und in Brand gesetzt …
Nun, zimperlich war man wohl auch in Kenia nicht. Ein Zeitungsfoto beeindruckte mich: Die Polizei hatte einmal mehr einen der zahlreichen Geisterbeschwörer in Uganda verhaftet, der Menschenopfer zelebrierte, etwa 15 Leute getötet und sie nach der rituellen Ausweidung im Garten begraben hatte. Damit er sich nach seiner Freilassung nicht wieder daheim blicken läßt, zerlegten die Anwohner sein Haus bis auf die Grundmauern. Auf dem Foto waren nur noch ein Haufen Steine und ein paar Dachbalken zu sehen.

Weitere Mzungu-Artikel siehe hier.
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Toller und interessanter Alltagsbericht aus Afrika! Danke Andreas!