Mein Blog ist jetzt 14 Tage online, und schon kam gestern die erste Arbeitsanfrage: Eine Knastbiographie sollte im Auftrag eines Verlags publikationsreif gemacht, also nicht nur korrigiert, sondern auch gekürzt und umgeschrieben – in Spannung gebracht werden. Die Mängel des Manuskripts fielen sofort ins Auge. Sie sind typisch für Anfängerfehler, deshalb schreibe ich Ihnen kurz etwas darüber. Wesentlich mehr über die Kunst des guten Schreibens lernen Sie selbstverständlich in meinem Kurs. Für den Buchmarkt zu schreiben können Sie lernen – wie jedes andere Handwerk allerdings nicht von heute auf morgen.

Lesen Sie Romanmanuskripte von Anfängern, schauen Sie als erstes auf die Komposition der

  • Dialoge,
  • der szenischen und atmosphärischen Beschreibung, sowie die
  • Einbindung unserer Sinne: Hören, Sehen, Fühlen, Riechen, Schmecken

Die meisten Anfängermanuskripte bedienen nur die auditive Ebene: Ein Dialog folgt dem nächsten, als würde ständig nur gequasselt, über Hunderte von Seiten hinweg. Woran liegt das? Ich glaube, es hängt mit den Erinnerungs-, aber auch den Wahrnehmungstechniken zusammen, die die meisten Menschen zumeist im Verbalen ausgeprägt haben. Sie nehmen bewusst Worte wahr und können sie auch erinnern, aber alle anderen sinnlichen Wahrnehmungen bleiben im Unterbewusstsein:

  • wie etwas genau aussieht,
  • wie es schmeckt,
  • wie es riecht,
  • wie es sich anfühlt.

Viele Anfänger gehen praktisch „blind und taub“ durch die Welt, zumindest machen sie sich kaum ihre Wahrnehmungen bewusst. Wer sich jedoch nichts bewusst macht, kann darüber auch nicht schreiben! Das ist ihnen hoffentlich klar. Gute Autoren habe sich einer intensiven Wahrnehmungs- und Bewusstseinsschule unterzogen, damit sie über all die Aspekte unseres Lebens so schreiben können, dass wir ihre Bücher gerne lesen, weil wir sie als facettenreich und spannend empfinden – wiederentdecken. Das sollte auch Ihr Ziel als Autor sein: Nur das, was Sie entdecken, können Ihre Leser wiederentdecken. Holen Sie das Beste aus sich und Ihrer Welt raus und wachsen Sie!

Natürlich kann ein spannendes, aussergewöhnliches Thema handwerkliche Mängel etwas ausgleichen, wie die „Zockerbiographie“ von Klaus F. Schmidt zeigt, die ich vor kurzem besprochen habe. Aber es kann sie nicht ungeschehen machen. Deshalb engagieren Verlage einen guten Lektor mit der Fähigkeit, als Ghostwriter zu unterstützen. (Was bei dem Buch von Klaus F. Schmidt der Fall war: Das Lektorat hat sicher viel geholfen).

Da der Buchmarkt mit Manuskriptangeboten überfüllt ist, engagieren viele Autoren schon im Vorfeld, beim Schreiben, einen Lektor bzw. Schreib-Coach -spätestens jedoch, bevor sie ihr Manuskript an Verlage anbieten, denn nur dann haben sie eine Chance, dass es angelesen wird. Sind die ersten zwei Seiten nicht spannend geschrieben, wird bestenfalls noch etwas weitergeblättert, und dann die Absage-Taste gedrückt (sofern heutzutage überhaupt noch eine Absage – per Mail, kaum noch per Post – versendet wird).

Zur Eigentherapie und als Hobby ist das Schreiben natürlich immer zu empfehlen. Die eigene Lebens- und Familiengeschichte aufzuschreiben ist ein unschätzbarer Gewinn und kostbarer Nachlass. Aber die wenigsten sollten damit versuchen, ohne professionelle Hilfe auf den Buchmarkt zu gehen.