»Wasser statt Öl?«
Der Mann, der Bergzabern zum »Bad« machte

Justus Geiß 1882-1965
Lebenserinnerungen
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Festschrift anlässlich seines 125. Geburtstags
am 19. März 2007

(c) 2007 Nachlass Justus Geiß
(c) 1984 des Vortrags über Justus Geiß von Georg Falk (1906-2002)

Privatdruck (Hardcover-Ausgabe)
2. verbesserte Auflage 2007

 

Inhalt

Georg Falk  (Folge 1)
Justus Geiß und seine Verdienste um Bad Bergzabern

Justus Geiß:
30 Jahre weniger 4 ½ Monate
Verwalter der Kreissparkasse Bergzabern – Ein Rückblick (Folge 2)

»Ich dien!« Erste Jahre in Bergzabern 1903-1905 und 1919-1922 (Folge 3)

Der »passive Widerstand«: 1923-1925 (Folge 4)

Erbohrung einer Heilquelle in Bergzabern: 1926-1929 (Folge 5)

Aus anderer Leute Haut Riemen schneiden: 1930-1938 (Folge 6)

Bergzabern in Flammen: 1939-1945 (Folge 7)

Besatzungsmächte in Bergzabern: 1945-1949 (Letzte Folge)

Justus Geiß
und seine Verdienste um Bad Bergzabern

Vortrag von Georg Falk, 7. Juli 1984
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Zu den Männern, die nicht in Bad Bergzabern geboren sind, aber durch ihr Wirken ganz besonders zur Entwicklung unserer Stadt beigetragen haben, ist in vorderster Linie der langjährige Sparkassenverwalter Justus Geiß zu rechnen.

Justus Geiß ist am 19. März 1882 in Sippersfeld/Pfalz geboren, also ein Nordpfälzer. Er war das elfte von zwölf Kindern der Eheleute Jakob und Margarete Geiß aus Sippersfeld gewesen. Die Volksschule besuchte er in seinem Heimatort. Dann kam er in das Progymnasium in Winnweiler. Täglich musste er einen Weg von 7,5 Kilometern dorthin gehen – und zurück, also 15 Kilometer. Der Weg führte durch Wald und Feld bergauf und bergab. Nach dem Besuch des Progymnasiums trat er in der Einnehmerei als Lehrling ein. Der Leiter der Einnehmerei wurde einige Jahre später an das Finanzamt Kaiserslautern versetzt und unter denen, die er in Winnweiler als besonders tüchtig und brauchbar erkannt hatte, nahm er in seine neue Dienststelle auch Justus Geiß mit. So war dieser mehrere Jahre an Finanzämtern tätig, von 1903 bis 1905 auch in Bergzabern. Dann wechselte er zur Bezirkssparkasse Homburg/Saar. Bis zum 15. November 1919 arbeitete er dort und war zuletzt als Oberbuchhalter tätig. Als Mitte des Jahres 1919 die Stelle des Verwalters der Distriktsparkasse zur Bewerbung ausgeschrieben wurde, bewarb er sich und kam mit zwei anderen, darunter auch der als Kontrolleur an der Sparkasse in Bergzabern tätige Fritz Karch, in die engere Wahl. Er wurde dann endgültig gewählt und stand von 1919 bis 1949, also dreißig Jahre lang, dem Institut vor. Noch 16 Jahre Ruhestand waren ihm vergönnt. Gestorben ist er am 20. März 1965.

Justus Geiß hatte vorbildliche Eltern. Sein Vater war 25 Jahre Adjunkt in Sippersfeld und genoss dort großes Ansehen. Gab es mitunter Streit unter den Mitbürgern, da genügte schon sein bloßes Erscheinen, um die Streithähne still zu bekommen. Die Mutter widmete sich der Krankenpflege und stand vielen Kranken bei, ob es nun Verwandte oder Bekannte oder Angehörige ärmerer Familien waren. Der Sohn Justus wurde in der Kindheit viel zur Mithilfe im elterlichen Betrieb herangezogen. So bekam er auch von der schlechten Lage der Bauern in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts zu hören. Im Trockenjahr 1893 kostete z.B. eine Kuh etwa 70-120 Mark, ein Ferkel konnte nicht einmal für 3 Mark verkauft werden. Um das Vieh füttern zu können, holte man die Laubblätter von den Waldbäumen. Auf dem Weg nach Winnweiler widerfuhr ihm eines Tages ein schweres Unglück. Er vertrat sich den Fuß und trotz vieler ärztlicher Bemühungen trat keine Heilung ein, sein Fuß musste bis zum Knie amputiert werden. Geiß musste sich einer schweren Operation unterziehen und im Anschluss daran eine Beinprothese tragen. Und trotzdem hat er in Feld und Garten gearbeitet. So hat man bewundert, dass er noch achtzigjährig solche Arbeiten verrichtete und auch noch bei einer Drainage auf einem Grundstück zwischen Stauweiher und Hotel Pfälzer Wald mitarbeitete.

Am 17. Juli 1909 hat er sich mit Katharina Hellmann aus Homburg/Saar verheiratet; von seinen vier Kindern ist ein Sohn gefallen.

Die Bevölkerung litt unter dem Währungsverfall und der Inflation.
Konnte da eine Sparkasse überhaupt mit Erfolg geleitet werden?

Wir gedenken nun seines Wirkens und betrachten ihn als umsichtigen Leiter der Bezirkssparkasse; als den unermüdlichen Mitarbeiter beim Bau des Schwimmbades und als den energischen Vorkämpfer für die Erbohrung der Petronellaquelle.

Als Justus Geiß am 17. November 1919 vor dem Bezirksamtmann, Regierungsrat Oswald, den Eid ablegte, dass er die ihm nach der Geschäftsordnung der Distriktsparkasse obliegenden Verpflichtungen treu und gewissenhaft erfüllen und das Dienstgeheimnis wahren werde, da wusste er wohl, dass er ein schweres Amt antrat, aber wie viel auf ihn zukommen sollte, konnte er noch nicht ahnen.
Deutschland hatte im Jahre 1918 im Walde von Compiegne Waffenstillstand mit den Alliierten geschlossen, und in ihm wurde ein großes Gebiet Deutschlands zum besetzten Gebiet gemacht. Auch Bergzabern wurde eine besetzte Stadt. Die Bevölkerung litt unter dem Währungsverfall und der Inflation. Konnte da eine Sparkasse überhaupt mit Erfolg geleitet werden? Wenn auch der Sparkassenausschuss und ein Kontrolleur dem Verwalter zur Seite standen, Justus Geiß musste die Hauptsorgen tragen und Impulse und Hauptanstöße mussten in erster Linie von ihm ausgehen.

Wegen der schlechten Verkehrsverhältnisse und Verbindungen musste in dem
Jahre 1918 das Geld von auswärts geholt werden, vor allem aus Kaiserslautern.
Junge Angestellte wurden per Fahrrad dorthin geschickt.

Aber auch der Aufgabenkreis wurde ein größerer. Am 12.12.1919 mussten die Geschäfte der Bezirksverzinsungskasse mit übernommen werden, deren Rechner gestorben war. Sie hatte mit der Bergzaberner Volksbank zusammen gearbeitet, und so musste ein Weg der Überleitung gefunden werden. Auch die Aufgaben der Bezirkskasse waren zu übernehmen. Und auch hier musste eine Überleitung getätigt werden, denn sie hatte bisher mit der Staatsbank in Pirmasens zusammen gearbeitet. Während des Krieges musste ein Kommunalverband gegründet werden, der für die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern zu sorgen hatte. Der Verband hatte die Verrechnung der bezogenen und ausgegebenen Waren selbständig vorgenommen und mit verschiedenen Geldinstituten zusammen gearbeitet, nur nicht mit der Sparkasse; bis zur schwindelnden Höhe von vier Millionen Mark Schulden hat er es gebracht. Und nun wurde die Regelung dieser Angelegenheiten der Sparkasse übertragen. Justus Geiß war sich darüber klar, dass er bei der Koordinierung höchste Sorgfalt anzuwenden hatte. Darum war er darauf bedacht, die gesamte Kassenführung des Kommunalverbandes in seine Hand zu bekommen, denn nur auf diesem Wege konnte er überblicken, wie die Schuldenlast zu regeln war. Mit Hilfe eines treuen Mitarbeiterstabes gelang ihm das. Außer der Kassenführung musste auch noch die Lagerführung des Kommunalverbandes übernommen werden.

Da gab es eine weitere Aufgabe. Während des Krieges waren von den Bürgern verschiedene Metallwaren abgeliefert worden, aber noch nicht bezahlt; nun hatte die Abrechnung zu erfolgen, und auch sie fiel der Sparkasse zu. Ebenso waren die Familienunterstützungen auszuzahlen. Von August 1920 bis Juni 1922 waren der Kasse auch die Kriegsbeschädigten- und Hinterbliebenenfürsorge anvertraut. 1921 wurde die Landwirtschaftsschule gegründet, auch deren Kasse war zu führen. So war durch die Erweiterung des Geschäftsbereiches dem Sparkassenverwalter in den ersten Jahren seiner Tätigkeit ein gerütteltes Maß an Arbeit zuteil geworden.

Schwierig war auch die Beschaffung der Gelder. Wegen der schlechten Verkehrsverhältnisse und Verbindungen musste in dem Jahre 1918 das Geld von auswärts geholt werden, vor allem aus Kaiserslautern. Junge Angestellte wurden per Fahrrad dorthin geschickt, und man kann sich vorstellen, dass der Sparkassenverwalter jedes Mal besorgt darauf gewartet hat, dass sie glücklich und erfolgreich zurückkamen.

Besonders die Erwerbslosengelder lagen ihm am Herzen. Während des passiven Widerstandes verlangten Anfang Oktober 1923 französische Beamte die Herausgabe derselben. Justus Geiß weigerte sich, das zu tun. Daraufhin wurde er am 5. Oktober 1923 ausgewiesen, er musste Bergzabern verlassen und durfte erst am 7. Januar 1924 wieder zurückkehren. Den für die Erwerbslosen bestimmten Geldtransport aber hatten die Franzosen am 6. Oktober 1923 beschlagnahmt.

Die Geschichte der Sparkasse von 1919 bis 1949 hat Justus Geiß
durch sein umsichtiges Wirken erheblich mitgeprägt.

Eine weitere Sorge gab es. Das Geld verlor in den ersten Nachkriegsjahren immer mehr an Wert und Kaufkraft. Die Bevölkerung strebte nach wertbeständigen Zahlungsmitteln; im Reich selbst wurde am 13. 10. 1923 die Rentenmark eingeführt, die Franzosen aber widersetzten sich ihrer Einführung in der französischen Besatzungszone. In ihrer Not versuchte die Bevölkerung, sich mit französischem Geld zu helfen; Justus Geiß kam in innere Not, denn er wollte das Frankengeld nicht einführen, schließlich tat er es doch, wenn auch widerwillig. Es war für ihn eine Erleichterung, als im Jahre 1924 die Rentenmark auch in unserem Gebiet zugelassen wurde und das Frankengeschäft wieder aufgegeben werden konnte.

Durch die Stabilisierung der deutschen Währung im Jahre 1924 kamen wieder neue Aufgaben auf die Sparkasse zu. Die Aufwertungsverfahren mussten durchgeführt werden, im dritten Reich folgten dann die Entschuldungsverfahren.
Besondere Lichtblicke für die Entwicklung der Stadt schienen die Jahre 1937 und 1938 zu bringen. 1937 wurde die Mackensenkaserne gebaut, 1938 wurde die Stadt zur Garnisonsstadt erhoben und mit den Grenzbefestigungen des Westwalls begonnen. Da kamen neue Firmen, ein Zuwachs an Arbeiten, auch ein Zuwachs an Geld. Aber das bedeutete eine Umstellung im Betrieb der Sparkasse, auch die neuen Verhältnisse meisterten Justus Geiß und seine Mitarbeiter.

1939 kam eine Wende. Im September dieses Jahres erfolgte die Kriegserklärung; die Sparkasse wurde nach Bamberg evakuiert, weil große Teile der Bevölkerung in die dortige Gegend umgesiedelt wurden. Bald darauf konnte sie wieder zurückkehren, zunächst nach Landau, durfte 1940 ihre alten Räume wieder beziehen, musste aber 1944 nochmals auswandern und bekam Asyl im Anwesen Bus zu Klingenmünster. Geiß hat dabei sein organisatorisches Talent bewiesen, den Überblick nicht verloren und die Fäden in der Hand behalten.

Besonders hervorgetan hat Justus Geiß sich bei der Gründung des Schwimmbades
und der Erbohrung der Petronellaquelle. Ohne seine Initiative
wäre diese damals nicht erbohrt worden.

Wiederholt musste Justus Geiß dem ständigen Zuwachs von Aufgaben und Kunden Rechnung tragen. Schon bei seinem Amtsantritt im Jahre 1919 wurde er unmittelbar vor Umzugs- und Bauprobleme gestellt. Die Sparkasse hatte bereits ein Haus in der Marktstraße, das Gasthaus Zum Badischen Hof (heute Haus Bär) gekauft. Man hatte auf einen schnellen Umzug gehofft, aber die Umbauarbeiten gingen langsamer vor sich, als man gerechnet hatte. Vorläufig hatte man die Räume in der Königstraße aufgegeben und deswegen musste man im Hause des Sattlers Füß (heute Pfannkuch) ein Notquartier beziehen. Erst im Herbst 1920 war es möglich, die neuen Räume zu beziehen. 16 Jahre später, im Jahre 1936, erwiesen sich auch die Räume von 1920 als zu klein. An die Nordseite der Kreissparkasse grenzte das in der Königstraße gelegene Anwesen Schieß. Justus Geiß entschloss sich, dasselbe anzukaufen. Aber auch jetzt war ein Umbau größeren Umfangs nötig. Man bezog erneut ein Notquartier, das Weinhaus Koch am Ende der Königstraße, das heutige Autohaus Hoffmann/ Hirsch. Als man 1945 von Klingenmünster nach Bergzabern zurückkehrte, war das Sparkassengebäude durch Kriegseinwirkung zerstört; nur zwei Räume konnten noch benutzt werden. Aber man ließ sich nicht entmutigen. Trotz erschwerter Beschaffung von Baumaterialien ging man sofort an den Wiederaufbau. 1948 wurde er vollendet. So konnte Justus Geiß im Jahre 1949 seinem Nachfolger ein intaktes Haus übergeben.

Aber auch um die Verbesserung des Innenbetriebes war er bemüht. 1920 wurde der Scheck- und Überweisungsverkehr eingeführt. Sodann wurde die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren übernommen.

Die Geschichte der Sparkasse von 1919 bis 1949 hat Justus Geiß durch sein umsichtiges Wirken erheblich mitgeprägt, seine Mitarbeiter stellen ihm das Zeugnis aus, dass er streng und gerecht war, und sie auch privat gefördert hat und oft an seinen Hobbys teilnehmen ließ.
Trotz der starken Inanspruchnahme durch seine Arbeit hat sich Sparkassenverwalter Geiß auch um das öffentliche Leben in der Stadt gekümmert. Er war musisch veranlagt und führte Laienspiele ein. Besonders hervorgetan hat Justus Geiß sich bei der Gründung des Schwimmbades und der Erbohrung der Petronellaquelle. Ohne seine Initiative wäre diese damals nicht erbohrt worden.

Im Jahre 1924 berief der Schuhwarenhändler Jakob Frank eine Versammlung ein, in der über die Gründung eines Schwimm- und Badevereins, auch über den Bau eines Schwimmbades beraten werden sollte. Unter den 218 Personen, die dazu erschienen waren und diesen Verein gründeten, befand sich auch Sparkassenverwalter Justus Geiß. Er wurde in den Vorstand gewählt und mit dem Amt des Rechners betraut. Dass die Wahl auf ihn fiel, war verständlich, er zeigte sich auch als guter Sachwalter. Am 29. März 1925 richtete er an das Kultusministerium in München ein Gesuch um einen Zuschuss. Er hatte Erfolg, bereits am 27. Juli 1925 traf der bewilligte Betrag von 5.000 Mark ein. Der Vorstand des Vereins hoffte, mit der Durchführung einer Lotterie weitere Mittel zu erhalten. Die Regierung von Speyer aber wollte sich mit diesem Gedanken nicht befreunden. Da fuhr Geiß dorthin und verhandelte mit dem zuständigen Regierungsdirektor Doktor Stähler, der selbst aus Bergzabern stammte. Wiederholt drängte Geiß fernmündlich bei den zuständigen Referenten und erreichte vor allem mit Hilfe des Landtagsabgeordneten Gollwitzer sein Ziel. Die Lotterie kam zustande, aber brachte nicht den Ertrag, den man erhoffte, nur 600 Mark kamen als Reingewinn zusammen.

Aber auch innerhalb der Gemeinde kam Widerstand auf. Von Gegnern des Schwimmbades wurde behauptet, man erliege mit der Einrichtung einer Modekrankheit; auch gefährde man mit einem Freibad die Moral; obendrein sei das Wasser zu kalt und daher gesundheitsgefährdend; man sollte für solch eine unnütze Sache keine Gelder verschwenden. Geiß ließ sich von dem Vorhaben nicht abbringen. Er widersprach in einem Zeitungsaufruf den unberechtigten Behauptungen, der Verein beauftragte das Kulturbauamt Neustadt mit der Fertigung eines Planes. Schwer war es, einen Platz zu bekommen. Doch gelang es, dem Weinkommissionär Jakob Bauer ein Stück Land abzukaufen. Mit der Stadt wurden Verhandlungen geführt, dass sie sich an den Kosten beteiligte und die Bürgschaft und Zinsgarantien für den vom Schwimmverein aufzunehmenden Kredit übernähme. Auch an diesen Verhandlungen war Justus Geiß maßgeblich beteiligt. Sorge trug er dafür, dass das Grundstück mit Erdreich aufgefüllt wurde. Es lag auf der Rötz (dem heutigen Kurpark) und der Boden brauchte dort eine Auffüllung. Geiß hatte gehofft, dass von den Aushebungen am Bau der Rebveredelungsanstalt, die zu dieser Zeit gebaut wurde, dem Badeverein Erdreich zur Verfügung gestellt würde; aber er hoffte vergebens. So musste er es anderswoher beziehen. Erneut setzte er sich am 8. Juli 1928 für den Erhalt eines Zuschusses ein.

Er ging den Landtagsabgeordneten Bürger an, den Nachfolger Gollwitzers, und so wurde erreicht, dass das Staatsministerium des Innern einen weiteren Zuschuss von 2.000 Mark zur Verfügung stellte. Außerdem wurde genehmigt, dass der Bau des Bades im Jahre 1928 als Notstandsarbeit durchgeführt wurde. Am 1. Juli 1928 konnte es eingeweiht und eröffnet werden. Wenn wir auch gerne zugeben, dass viele Bürger sich an diesem Bau beteiligten, darf doch nicht verschwiegen werden, dass Justus Geiß zu den rührigsten Förderern des Bades gehörte.

Aber er fand nicht nur taube Ohren, sondern wurde öffentlich ausgelacht.

Eine weitere, wichtigere Aufgabe nahm ihn in den Jahren 1925/26 in Anspruch. Der Wünschelrutengänger Oberstleutnant von Heinemann aus Homburg/Saar hatte bei einem seiner Gänge über die Rötz entdeckt, dass sich dort eine Therme befand. Er teilte seine Wahrnehmung einer Reihe von Bekannten mit, auch der Schwester Rosa von der Emilienruhe. Die meisten nahmen die Mitteilung gleichgültig hin. Nur einer, der Sparkassenverwalter Justus Geiß, nahm diese Nachricht ernst. Er war der Überzeugung, dass es für die Entwicklung der Stadt unerlässlich sei, diese Quelle zu erbohren.

Seine Meinung trug er am 29. September 1928 bei einer Versammlung des Schwimm- und Badevereines vor. Aber er fand nicht nur taube Ohren, sondern wurde öffentlich ausgelacht. Doch am Morgen darauf kam der Weingroßhändler Hermann Lorch zu ihm und erklärte, er werde 500 Mark beisteuern, wenn die Erbohrung ernsthaft durchgeführt würde. Unterstützt wurde sein Gedanke auch von dem damaligen Bezirksamtmann Stölzl. Um sicher zu gehen, ließ man Oberstleutnant von Heinemann nochmals kommen, und er erklärte nach einem erneuten Durchgang durch die Rötz mit der Wünschelrute, es bestehe kein Zweifel daran, dass sich dort eine Therme befinde. So konnten auch Bezirksamtmann Stölzl und Oberbauverwalter Buch nichts mehr gegen die Überzeugung von Justus Geiß einwenden.

Jetzt war die Frage, wer die Erbohrung durchführen lassen solle? Geiß selbst war der Meinung, dass dies die Stadt tun sollte, weil sie auch den Gewinn daran haben würde. Aber der Stadtrat war dazu nicht bereit; er bestand darauf, dass eine private Bohrgesellschaft die Trägerschaft für die Erbohrung übernehmen sollte. Regierungsrat Jung vom Bezirksamt war dem Vorhaben günstig gesinnt; allerdings war er dafür, dass ein zweiter Wünschelrutengänger eine nochmalige Untersuchung durchführte. Man ließ Herrn von Greve aus Gernrode kommen. Für das Unternehmen hatte Herr Jung 500 Mark aus dem ihm zustehenden Fond zur Verfügung gestellt. Herr von Greve kam zu demselben Ergebnis wie Herr von Heinemann. Und nun kam die Bohrgesellschaft zustande. Außer Justus Geiß traten ihr Herr Jean Bechtold und Herr Hermann Lorch bei, und auch die Stadt. Sie wollte das Recht nicht verlieren, auf die Dinge Einfluß zu nehmen.
Nun konnte die Bohrung beginnen. Aber die Berginspektion Zweibrücken, die davon unterrichtet werden musste, ließ sie zunächst einstellen. Denn der Geologe von der Firma Racky aus Salzgitter hatte ihr gegenüber die Vermutung ausgesprochen, dass sich in dem Gelände Öl befinde. Da kamen anscheinend der Stadt Bedenken; denn sie wollte von ihrem Vertrag mit der Bohrgesellschaft wieder zurücktreten. Das erschien wunderlich, weil man bereits 146 m tief gebohrt hatte und im Wasser 2,404 g feste Bestandteile feststellte. Man konnte fest damit rechnen, dass bei einer Tiefe von 203-214 m über 5 g und bei einer solchen von 300 m ein Salzgehalt von 15-16 g auf ein Liter Wasser gewonnen werden könnte.

Geiß hatte am 23. Oktober 1923 an das Staatsministerium ein Gesuch um einen Zuschuss eingereicht, der hatte Aussicht auf Erfolg, denn für die pfälzischen Kurorte war von der Westhilfe der Betrag von 440.600 Mark zur Verfügung gestellt und Bergzabern eine solche von 150.000 Mark in Aussicht gestellt worden. Aber da verschiedene Schwierigkeiten von der Stadt gemacht wurden, zog die Bohrgesellschaft ihr Gesuch wieder zurück, die Weiterbohrung musste eingestellt werden.

Aber die Quelle war doch schon soweit erbohrt, dass sie genutzt werden konnte. Justus Geiß dachte an einen Verkauf des Wassers als Tafelwasser und setzte sich für den Bau einer Trinkhalle ein. Das Wasser sollte verdünnt und konzentriert werden. Geiß trat im Auftrag der Bohrgesellschaft an das Kreissanatorium Friedrichsruhe heran, um dieses für die Errichtung einer solchen Halle zu gewinnen. Der Plan zerschlug sich. Erst am 26. März 1933 kam ein Vertrag mit der Stadt über die Abnahme von Mineralwasser für eine Trinkhalle zustande.

Nun ging es um die Abfindung der Gesellschafter. Wie viel sollten Geiß, Lorch, Bechtold und Stölzl erhalten? Erst dadurch, dass Justus Geiß die Verhältnisse beim Präsidenten des Verkehrsverbandes klarstellte, kam mit Hilfe des Bürgermeisters Imbt von Bad Dürkheim, folgende Regelung zustande: Die Quelle nimmt die Stadtgemeinde in Alleinbesitz und zahlt an die Privatbeteiligten die Summe von 60.000 Mark. Der Anteil von Stölz und Geiß soll auf 65.000 Mark beziffert werden.

Das geschah am 18. Juli 1935. Am 7. Dezember 1936 wurde dann noch die von den Herren Geiß und Bechtold gekaufte Wiese im Bereich des Quellengeländes um 3.000 Mark vergütet. Herr Geiß hat seinen Erfolg mit viel Geduld errungen. Er schrieb am Ende seines Berichts:
Ich zeigte zu keiner Zeit während all der Jahre des Kampfes um die Quelle Ärger gegen Bürgermeister oder Beamte des Stadthauses. Das zeigen auch die Auszüge aus den Sitzungsberichten des Stadtrates, die ich mir machen durfte oder die mir Herr Bouquet lieferte. Es war ein Kampf Schachzug gegen Schachzug. Und als die Ratsherren glaubten, uns vollständig eingekreist zu haben mit einem Beschluss vom Oktober oder November 1933, dass das Quellengelände auch unter Heimatschutz stehe, da kam als unser Retter Herr Imbt.
Die Verdienste des Sparkassenverwalters Justus Geiß sind nicht verkannt worden. In den fünfziger Jahren erhielt er das Bundesverdienstkreuz erster Klasse durch den Herrn Bundespräsidenten Heuss, und die Stadt ehrte ihn, indem sie den Weg von seinem Wohnhaus zum Kurpark Justus-Geiß-Weg nannte.

Wir alle sind ihm dankbar, denn er ist durch sein mutiges und beharrliches Eintreten für die Erbohrung der Petronella-Quelle der Wegbereiter für unsere Stadt zu einem Thermal- und Staatsbad geworden.