Ich habe es ja schon angedeutet: Mit seinem Schopenhauer-Roman – historisch, biographisch, fein gezeichnet in Dichtung und Wahrheit – ist Christoph Poschenrieder zu meinem Lieblingsautor geworden. Sein Debüt zu lesen oder eine seiner Lesungen zu besuchen, wie jüngst am 6. Mai 2010 in Weilheim/Oberbayern, vergnügen Geist, Phantasie und Sprachkunst. Besuchen Sie Christoph Poschenrieders Homepage: www.poschenrieder.de
Foto: Michael „Mikeman“ Weinreich, Weilheim. 6.5.2010
Unser gemeinsamer Freund Tomski (Thomas Soyer, SZ) hat die Faszination gestern in einer Mail auf den Punkt gebracht:
„christoph schafft es mit seinem wunderbaren text, in kürzester zeit inneres kino bei den leuten zu erzeugen.
da sitzt jede beobachtung, die sprache ist erstaunlich frisch und kraftvoll, obwohl ungemein differenziert. ich bewundere ihn auch sehr dafür, hab es ihm auch mehrfach gesagt.
um es mal so zu sagen: da hätt ein thomas mann noch was lernen können.
poschenrieder liest sich weit weniger anstrengend, obwohl er ein ähnliches literatur-qualitätsgefühl hinterlässt beim leser.
und das ist für die meisten autoren unerreichte kunst!
docmäc wird’s bestätigen.“
Das tue ich gern! Am 18. März 2010 hat Christoph auf der Leipziger Buchmesse ein facettenreiches Interview über seine Arbeit an dem Roman gegeben, das jetzt auch online zu lesen ist. http://www.belletristiktipps.de/archives/612
PS. Hier noch ein Foto von der ausverkauften Lesung am Dienstag, 4. Mai 2010, in der Vinothek „Marcipane“ in Münsing (bei München). So stelle ich mir das Trinkerparadies – nicht nur für Autoren – vor…
Okay, das mit dem Thomas-Mann-Vergleich ist vielleicht ein wenig hoch gegriffen (der Autor selbst hat in ersten Reaktionen stark abgewiegelt, was ihn ehrt).
Aber beim Kern der Botschaft bleibe ich: Beide blicken sie voller Ironie auf die Welt und beobachten unglaublich fein und auch erkenntnis-ökonomisch. Bei Poschenrieder – um den Thomas Mann jetzt mal beiseite zu lassen – hat eine Leserin/ein Leser immer das Vergnügen, dass ihm eine beiläufig sehr treffend geschilderte Sache erst untergejubelt wird, als ginge es um nichts; doch schon ganz rasch erkennt er/sie voller Genuss, dass gerade dieses Ding eben doch wichtig ist. Zum Beispiel die Sache mit dem venezianischen Hochwasserpegel: Poschenrieder, nebenbei mit sehr vielen Flusswassern gewaschen (Kajakfahrer!), lässt das Wasser nicht einfach banal anschwellen. Bei ihm fällt der Blick erst auf Schutzbretter, die das Wasser von der Jesuitenburg fernhalten sollen; und natürlich tragen diese Bretter Buchstaben, die – klar – nicht zufällig gewählt sind: O – A -M – D – G, „omnia ad maiorem dei gloriam“ (alles zur höheren Ehre Gottes). Und so erlebt der Leser das An- und Abschwellen der aqua alta eben mit, als säße er nebenan in einem Fenster, Buchstabe für Buchstabe erst versinkend, dann wieder aufscheinend. Das ist ein großartiges Spiel der Beobachtungen und ein wunderbares Text-Verweben. Da hat alles seinen Platz und unterhaltenden Sinn! Da ist beim Leser eine mächtig schöne Welt im Kopf entstanden.