Eben rief meine kenianische Frau Farida aus Mombasa/Kenia an, wo sie gerade mit unserer kleinen Tochter Anelia bei den Trauerfeierlichkeiten für ihre Schwester Amina ist, die am 19. Juli tödlich verunglückte.

Ein Straßenräuber mit einem großen Messer habe meine Frau und Yudaia, ihre Cousine, auf dem Weg zum Strand in eine dunkle Ecke gedrängt, berichtete Farida am Telefon, jetzt relativ gefasst. Yudaia, die nichts besitzt, musste sich niederknien und Farida musste ihren Goldschmuck – Ohrringe, Ringe und eine Kette – abgeben.

„Warum läufst du ohne Handy und Geld herum?“, hatte der Bursche ungläubig geschrien, Farida in die Hose gegriffen und ihr gleichzeitig das Messer an den Hals gedrückt. Weil Farida ihre Ringe nicht schnell genug von den Fingern streifen konnte, wollte der Kerl ihr die Finger abhacken. „Dann hätte ich aber um mein Leben gekämpft“, beteuerte Farida tapfer. „Das hätte ich mir nicht bieten lassen!“

Nun ja, wenn man kein Messer an der Gurgel spürt oder aufs Herz gesetzt bekommt, wo ein Stoß genügt, ins Jenseits befördert zu werden, ist es schwer, so etwas zu realisieren. Gut, dass unsere kleine Tochter Anelia, die selbst süße goldene Delphin-Ohrringe (Creolen) trägt, bei dem Überfall nicht dabei war, sondern daheim mit Faridas Mutter spielte. Als meine Frau dann weinend wieder nach Hause gekommen war – um den Goldschmuck erleichtert, aber froh, noch am Leben zu sein -, hat Farida ihr die Ohrringe sofort abgenommen und sie versteckt. Schon Faridas Schwester Amina musste durch ihren Tod ein kleines Kind hinterlassen. Was wäre, wenn Anelia ohne Mama hätte aufwachsen müssen, nur mit mir?

Okay, den Überfall müssen wir akzeptieren: Weg ist weg, und die Anzeige bei der kenianischen Polizei vermutlich sinnlos. Schmuck kann man nachkaufen, und an der Börse gilt eine alte Zockerweisheit: Das Geld ist nicht weg, es hat nur jemand anderes. So ist es auch in diesem Fall, wenn wir den Überfall nüchtern betrachten.

Allen, die in Länder der dritten Welt reisen, muss man dringend empfehlen, so wenig Wertgegenstände wie möglich mitzunehmen, und wenn, sie nicht bei sich zu tragen! Dazu gehören auch Schmuck, Handys und Kameras. Ich glaube, das kann man Reisenden gar nicht oft genug raten. Farida ist eine stolze und schöne Frau, die wohl mit ihrem Mzungu und dem westlichen Wohlstand glücklich ist und ihn gerne zeigt, doch das muss uns eine Lehre sein.

In Facebook las ich heute den Eintrag von Tebbajwa Remmy, einem jungen Mann, der mit Claire verbandelt ist, der Besitzerin des Internetcafés (Freedom Cafè) in Wakiso / Nähe Kampala, wo ich gern bin, wenn wir Faridas Eltern in Uganda besuchen. Über Facebook haben wir losen Kontakt. Er schreibt:

„We have to be thankful of our lives coz its only God who keeps us alive … I have spent two days in comma when no one knows where I am apart from God & the doctors who have been struggling to bring me in life … By the time I wake up, I thought that I had only spent one hour there but, I was surprised that as every one was so happy of me getting back to life coz of the days I spent on drips … I want to thank all the nurses who helped me en the doctors en Those who keep me into their prayers.“

Remmy war vor wenigen Tagen in Kenia von Straßenräubern auf dem Weg von Nairobi nach Mombasa ins Koma geprügelt worden, weil er ein Laptop und eine Digitalkamera dabei hatte; auch seine Papiere wurden gestohlen.

Da mag man sich schon fragen, in welcher Welt wir leben. In Deutschland scheinen wir sicherer zu sein, als in den meisten anderen Ländern der Welt.

PS. Über unseren Status als Deutsche im Ausland siehe auch meinen Artikel „Vier Tage eingesperrt in der Transit Area des Airport Kairo“. Da ist am Ende des Artikels auch ein Foto mit Remmy und Claire aus dem Freedom Café zu sehen.

Und siehe auch: Hey Mzungu! How are you?