Ich erinnere mich nicht genau, ob es Herbst oder Winter 1988 war, als ich Klaus Kreuzeder mit dem Gitarristen Henry Sincigno – sie hatten in diesem Jahr das Instrumental-Duo „Sax as sax can“ gegründet – im „Schelch“, einer Hassfurter Kneipe (Ostunterfranken) mit ausgezeichneter Küche, vor etwa 40 Leuten spielen hörte. Den Schelch gibt es leider schon lange nicht mehr, doch die Erinnerung an den Abend ist geblieben.

Michael, Koch und Wirt in Personalunion, war genauso musikbegeistert wie ich, wir mochten Psychedelic – Nektar, Pink Floyd -, tauschten Platten, um sie auf Cassette aufzunehmen, und kifften fröhlich. Das ist leider schon lange her. Klaus Kreuzeders erste Platte „Sax as sax can“ aus dieser Zeit höre ich jedoch immer noch gern. Damals dachte ich einen Moment lang darüber nach, ein Buch über das Leben des Ausnahme-Saxophonisten im Rollstuhl zu schreiben, doch blieb es bei dem kurzen Gedanken. Gut, dass er jetzt seine Autobiographie geschrieben hat – in bester Qualität ediert!

Klaus Kreuzeders Autobiographie ist nicht nur als Lebenserinnerung eines begnadeten Musikers zu lesen, sondern auch ein faszinierendes Zeitzeugnis zur deutschen Jazz-Rockmusik der 70-er Jahre. Vieles wirkt ernüchternd, was uns damals an Illusionen nährte: alternative Wohn- und Lebensgemeinschaften, die Hungertouren vieler Bands, die wir liebten: Aera (mit Klaus Kreuzeder), Embryo, Amon Düül II, Guru Guru, Hölderlin….  Ich hätte nicht gedacht, dass Klaus Kreuzeders Autobiographie auch eine wunderbare Zeitgeschichte des „Krautrocks“ spiegelt: Allen zu empfehlen, die sich dafür in fortgeschrittenem Alter interessieren, weil sie damit ihre Jugend verbinden.

Aus der Verlagsinformation: Der Sopran-Saxophonist Klaus Kreuzeder tourte um die Welt und trat mit den Großen der Musikszene auf: Stevie Wonder, Sting, Udo Lindenberg und viele mehr. Dabei ließ er sich nie von der Tatsache beirren, dass er seit frühester Kindheit an den Folgen einer Kinderlähmung leidet und im Rollstuhl sitzt. Bei allem, was er tut, versprüht er eine enorme Lebensfreude und einen unverwüstlichen Optimismus, die ansteckend wirken. Seine Autobiographie „Glück gehabt“ dokumentiert ein ungewöhnliches Künstlerleben und öffnet die Augen für andere Lebenswelten.

Klaus Kreuzeder gelang eine Karriere, nach der viele vergeblich streben. Sein musikalisches Talent brachte ihn mit den Größen der internationalen Musikszene zusammen: Als Saxophonist spielte er unter anderem mit David Sanborn, Jack Bruce, Gianna Nannini und Konstantin Wecker. Darüber hinaus war er Mitbegründer der erfolgreichen deutschen Jazz-Rock-Grupp AERA.

Dabei hatte Klaus Kreuzeder bereits in jungen Jahren mit seinem Schicksal zu kämpfen. Er erkrankte früh an Kinderlähmung und sitzt seitdem im Rollstuhl. Seine ersten Erfahrungen mit Blockflöte, Mundharmonika, Kindertrompete und Melodica machte er aus therapeutischen Zwecken – die Lungenfunktion sollte gestärkt werden. Doch der Musiker hat diesen Zustand nie als Behinderung angesehen, eher als Privileg, Dinge anders machen zu dürfen und seinen Lebens- und Karriereweg selbst zu bestimmen. Neben seiner unerschütterlich optimistischen Lebenseinstellung besticht Klaus Kreuzeder auch durch seine innere Ruhe und Gelassenheit, die ansteckend ist für alle, die ihm begegnen.

Klaus Kreuzeders Autobiografie „Glück gehabt“ ist eine spannende Reise durch ein reiches Musikerleben und ein berührendes Dokument der Gabe, Schicksalsschläge mit Hilfe der Musik und einer beeindruckenden Lebensbejahung zu meistern.

Klaus Kreuzeder, 1950 im Fränkischen geboren und aufgewachsen, zählt zu den renommiertesten Sopran-Saxophonisten Europas. Er engagiert sich in zahlreichen karitativen Foren für die gesellschaftliche Integration behinderter Menschen.