Die Hamburgerin Karin Gerloff hat im Nachlass ihrer im April 2003 verstorbenen Mutter Ruth Werner, geborene Petzold, Tagebuchaufzeichnungen und Aufsätze gefunden, die diese in den Jahren 1932 bis 1956 verfasst hat.

Die Beschäftigung mit diesen höchst privaten, gleichzeitig aber auch öffentlichen Schriftstücken stellt für die Tochter mehr als 50 Jahre später einen Versuch dar, das Verhalten und die Entscheidungen ihrer Mutter zu verstehen. Bei einer Analyse der verschiedenen Texte wid sichtbar, wie im Laufe der Jahre Kinder und Jugendliche auf den Nationalsozialismus eingeschworen wurden – so hält Ruth 1939 als achtzehnjähriger Bürolehrling den Beginn des Zweiten Weltkrieges minutiös in bestechender Sütterlin-Schrift fest. Anhand der Abschrift aus dem Bericht des Oberkommandos der Wehrmacht sind die ersten zehn Tage des Krieges genau so dargestellt, wie es die Bevölkerung zu dieser Zeit erfahren soll.

Mit der Geburt von Karin Gerloff im Jahre 1944 beginnt Ruth, ein Tagebuch für sie zu schreiben. Obwohl viel Einträge Karins erste Jahre dokumentieren, zeugen andere immer wieder von ihrem tiefen Glauben an das Hitler-Regime und dem nach Kriegsende einsetzenden Prozess der Ernüchterung und des Entsetzens – sie ist gewzungen, sich einer neuen Weltordnung und dem damit verbundenen Zusammenbruch ihrer eigenen, inneren Welt zu stellen.

Karin Gerloff hat in diesem Buch die Texte und Aufsätze unverändert wiedergegeben. So zeigen sie nicht nur äußerst authentisch ein Leben in der Kriegs- und Nachkriegszeit, sondern sind zugleich ein unschätzbar wertvolles Originaldokument jener dunklen Epoche unseres Landes.

Ediert wurde das buch von Stefan Schwidder, erschienen ist es im Verlag des Biographiezentrums.