Nomen est omen: Das Buch ist edel produziert von der Edel Germany GmbH in Hamburg. Und es liest sich – seinem Helden entsprechend – süffig wie ein gutes Bier.

Gunter Gabriel 
Mit Oliver Flesch
Wer einmal tief im Keller saß
Erinnerungen eines Rebellen
Edel Verlag, 2009

Aus der Verlagsinformation: „Wie kann ein Mensch, der einmal so erfolgreich war, so dermaßen abstürzen und zugleich so glücklich sein? Gunter Gabriel erzählt sein unglaubliches Leben mit allen Höhen, Tiefen und Brüchen. Dabei schont er sich selbst am wenigsten – und bewahrt dennoch immer seine Würde. Ein respektloses, höchst unterhaltsames, sehr menschliches Buch!“

Im Gegensatz zu vielen Autobiographien, die ich täglich geschickt bekomme und in diesem Blog gerne zumindest mit der Verlagsinformation vorstelle, aber aus Zeit- und Lustgründen nicht alle lesen kann, habe ich Gunter Gabriels Lebenserinnerungen an wenigen Abenden verschlungen. Man muss kein Fan des Barden sein, um Respekt vor seiner Lebensfahrt durch Himmel und Höllen zu entwickeln. Wie immer man es auch bewerten mag: Gunter Gabriel hat Eigenes aus seinem Leben gemacht, und seine Erinnerungen daran lesen sich authentisch und spannend – vermutlich auch Dank der guten Arbeit des Co-Autors, des Journalisten und Schriftstellers Oliver Flesch.

Selbst wenn ich seit meiner Jugend musikalisch eher Peter Gabriel und ProgRock vorzog, habe ich immer gern hingehört, wenn im Radio etwas von Gunter Gabriel lief, und nicht weggezappt, wenn er in einer Talkshow zu sehen war. Imponiert hat mir sein Auftritt im Januar 2007 bei „Herman & Tietjen“, wo GG seine Idee der Wohnzimmer-Tour durch deutsche Landen vorstellte. Einfach genial, in kurzer Zeit 500.000 Euro Schulden abzubauen. Allerdings – und das macht wohl das Phänomen Gunter Gabriel aus, er muss neben dem Genialischen auch unterbelichtete Seiten haben, sonst hätte er solche Achterbahnfahrten „vom Millionär zum Tellerwäscher“ (Dieter Bohlen) kaum machen können.

Und da setzt meine leise Kritik an dieser Autobiographie an: Ich hätte gern mehr aus dem geistig-poetischen Leben von GG erfahren, nicht nur die vielen schönen Sauf-, Frauen- und Musikerstories gelesen, sondern mehr innere Entwicklungsgeschichte. Vieles liest sich in dem Buch so oberflächlich wie das tägliche TV-Programm, doch GG muss mehr Qualitäten haben, sonst hätte er keine unvergesslichen Songs schreiben können, die die Menschen in der Tiefe berühren. Da kommt einiges in dem Buch zu kurz, was nicht in den Rahmen seiner egozentrischen Außenwahrnehmung passt. Seine Tochter Yvonne beschreibt das Disparate eindrucksvoll:

„Er war als Vater im herkömmlichen Sinne echt eine Katastrophe. Für ein Mädchen, das sich sucht und dem Leben und vor allen Dingen den Männern vertrauen will, ist mein Vater reines Gift. Am Tag meiner Hochzeit holte er mich mit einer riesigen Limousine ab. Er spielte Brook Benton im CD-Player – „think twice before you say yes“  –, während er mit mir zur Kirche fuhr. Diese Stimmung werde ich nie vergessen. Er gab mir das Gefühl, wirklich wer, schön und geliebt zu sein, sein Schatz eben. Und dann auf dem Weg zum Altar Kaugummi kauend und humpelnd in seinen abgewetzen Cowboystiefeln zu zischen, während sich die Gäste in der Kirche ehrfürchtig erhoben: ‚Was um Gottes Willen machen die ganzen Arschlöcher hier, sind die etwa wegen dir hier?‘ So ist er eben. Mein lieber Gunter-Gabriel-Vater. Da ist wohl nichts mehr zu retten.“

Das Buch wird polarisieren, auch deshalb, weil sich viele Männer in ihren guten und schlechten Eigenschaften darin wiedererkennen. Lesenswert auf jeden Fall, ist es stark und schwach zugleich  eben Gunter Gabriel unvergesslich.