Als ich heute mittag las, der Wiener Zeichner Manfred Deix sei am Samstag, den 25. Juni gestorben, öffnete ich erst einmal eine Flasche Rotwein und zündete meine erste Zigarette des Tages an: Das tue ich normalerweise nachmittags oder abends oder öfters auch gar nicht, denn wer wie ich mit 57 Jahren noch eine süße 8-jährige Tochter geschenkt bekommen hat, tut wohl gut daran, mit seinen Ressourcen für die restliche Lebenszeit sorgsam umzugehen. Manfred Deix war einer meiner Lieblingskünstler, wir hätten zusammen ein Buch schreiben können, so wie Gottfried Helnwein und ich es getan haben, Manfreds ebenso berühmter Künstlerfreund.

1992 war „Malerei muss sein wie Rockmusik“ – Gottfried Helnwein im Gespräch mit Andreas Mäckler (Verlag C.H. Beck) erschienen, und weil wir uns gut verstanden, vermittelte Gottfried mir den Kontakt zu Manfred Deix, mit dem er seit Studienzeiten eng befreundet war. Anfang 1993 traf ich dessen Manager in der Lobby des Bayerischen Hofs in München, um eine Zusammenarbeit zu besprechen, dann fuhr ich mit Erika, meiner großen Liebe damals, am 30. April 1993 nach Wien, wo wir am 1. Mai in Klosterneuburg Manfred Deix treffen sollten. Wir hatten mit Manfreds Frau Marietta einen Termin für 15 Uhr vereinbart, doch als wir unten am Tor der Villa klingelten, idyllisch gelegen inmitten eines Weinbergs, wurden wir auf den frühen Abend vertröstet und in den nebenanliegenden Heurigen gebeten, wo uns Manfred treffen würde.

Wir warteten stundenlang, dann kam er gegen 20 Uhr und streckte nach der Begrüßung die Zunge heraus: Sie war auf der Oberseite schwarz. Richtig schwarz! Rauchen und Rotwein, erklärte uns der Künstler, und dass der Tag für ihn erst am Abend beginne. Er lachte und erzählte beim zügigen Weintrinken launige Schnurren über seine Studienzeit mit Gottfried, bis auch uns die Tränen vor Lachen kamen. Zum Schluß signierte er für Erika, deren unübersehbar weiblichen Reize ihn wohl mehr begeistert hatten als meine Beiträge, einen aktuellen Bildband mit tränendem Herzen.

Bis heute ist mir unklar, warum wir damals zu keinem gemeinsamen Buchprojekt gekommen sind, Manfred Deix und ich. Das Potenzial für ein facettenreiches künstlerisches Interviewbuch war vorhanden, doch irgendwie verlor sich unser Kontakt nach dem Treffen. Vielleicht hatte ich Angst, diesem starken nikotin- und alkoholbelasteten Arbeitsrhythmus nicht standhalten zu können, und umwarb ihn nicht weiter. Vielleicht war ich Manfred Deix auch zu farblos, trotz meiner damals erfolgreichen Bücher. Wie auch immer: Manfred Deix‘ Tod macht mich sehr traurig! Schade, dass er jetzt mit 67 Jahren gestorben ist.