An kaum einen Menschen, den ich als Biograf in meiner dreißigjährigen Berufslaufbahn begleiten durfte, habe ich derart gemischte Erinnerungen wie an Rudi Gutendorf, genannt Riegel-Rudi. Ein „bunter Hund“ sei er gewesen, was durchaus einschließt, dass er auch ein Schlitzohr war.
Ich erinnere mich gut, wie er mir ausgerissene Seiten aus Abenteuer-Groschenromanen zuschob, damit ich die Stories in seine Autobiografie einflechte nach dem Motto: besser gut erfunden als schlecht erzählt. Zum Beispiel: der Raub eines Babys durch einen Dingo im Australischen Outback. Darüber gab es sogar einen Film – Ein Schrei in der Dunkelheit (1988) -, doch das störte Rudi nicht. In seiner Version rettete natürlich er das Baby seines Assistenz-Trainers, als sie gemeinsam im Australischen Outback picknickten. Die FAZ schrieb daher in einer wohlwollenden Kurzrezension des – weil ich es gut geschrieben habe – vergnüglichen Buchs: „Das Ergebnis: ein bisschen Parzival, wohl nicht wenig Münchhausen, in der Mischung also guter Hemingway für Daheimgebliebene.“
Nun ist Rudi Gutendorf am 13. September mit 93 Jahren gestorben – ein durchaus gesegnetes Alter, um abzutreten. Über seine kleinen Gaunereien kann ich heute auch lachen, nachdem ich ebenfalls viel in Afrika rumgekommen bin: „Jeder bescheisst jeden“, wurde mir dort erklärt – das hat Rudi wohl früh in seiner Trainerlaufbahn kapiert.
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