Letzter biographischer TV-Tipp in diesem Monat: Arte zeigt am Sonntag, 28. August 2011 um 16.30 Uhr Mein Leben – Peter Lilienthal (2011) von María Teresa Curzio.

Aus der Senderinformation: Einen „Kinozauberer, der das Kunststück beherrscht, aus den Banalitäten des Alltags wie den politischen Katastrophen des Jahrhunderts poetische Funken zu schlagen“ nennt ihn der Filmwissenschaftler Michael Töteberg. Und Wim Wenders sagt, dass es ohne Peter Lilienthal keinen neuen deutschen Film gegeben hätte. Der Filmemacher und spätere Präsident der Akademie der Künste in Berlin, Peter Lilienthal, hat dem jungen deutschen Film nach der künstlerischen Stagnation in den 50er und 60er Jahren wesentliche Impulse gegeben.

Peter Lilienthal, 1929 als Sohn eines Bühnenbildners in Berlin geboren, flieht als Zehnjähriger nach dem frühen Tod des Vaters mit seiner Mutter auf der „Kap Arkona“ vor den Nazis nach Uruguay. Um die Familie durchzubringen, führt die Mutter in Montevideo ein kleines Hotel.

Die legendäre Hotel-Pension Brasil ist erste Anlaufstelle für zahlreiche europäische Emigranten, die das nationalsozialistische Deutschland verlassen haben.

Nach seinem Abitur studiert er an der Universität von Montevideo Kunstgeschichte, Musik und Jura. Mit seinen Freunden aus dem Universitätsfilmclub gründet er „Marcha“ – eine bis heute bekannte Filmzeitung – und arbeitet an ersten Kurzfilmen. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Bankangestellter.

Doch das kleine Land am Rio de la Plata wird Peter Lilienthal bald zu eng: 1954 kehrt er zunächst nach Deutschland zurück, erhält kurze Zeit später ein Stipendium in Paris, studiert dann an der Hochschule für Bildende Kunst in Berlin. Er arbeitet zuerst beim Südwestfunk, später beim Sender Freies Berlin und unterrichtet die erste Generation der Filmstudenten an der frischgegründeten Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Er macht zahlreiche Filme, die von seinen politischen Idealen geprägt sind, die aber statt allein kämpferisch zu sein, immer von einer tiefen Menschlichkeit geprägt sind. Trotz seiner Jugendlichkeit hat er die Erfahrung des Exils, aber nicht die Verbitterung zurückgekehrter Künstler, die das Gefühl haben, ihre besten Jahre bereits hinter sich zu haben.

Lilienthals Inszenierungen beruhen anfangs auf Adaptionen des absurden Theaters für das noch junge deutsche Fernsehen und werden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. 1971 gründet er mit zwölf anderen deutschen Filmemachern, unter anderem Hark Bohm, Hans W. Geissendörfer und Wim Wenders, den Filmverlag der Autoren, der zu einer Art Keimzelle für den Neuen Deutschen Film wird. Im sich verfestigenden politischen Widerstand der 68er in Deutschland lässt sich Lilienthal jedoch vor keinen Karren spannen. Er bleibt der ideensprühende Leichtfuß, der keine Lust hat, mit schwerem, dramatischen Gerät die Missstände der deutschen Gesellschaft aufzuarbeiten wie die meisten seiner Kollegen.

In den 70er Jahren widmet er sich den Problemen seiner zweiten Heimat Südamerika. Für „Es herrscht Ruhe im Land“ erhält er 1976 den Deutschen Filmpreis für den besten Spielfilm. Sein Film „David“, in dem er seine Erfahrungen als Kind im nationalsozialistischen Deutschland verarbeitet, gewinnt 1979 den Goldenen Bären der Berlinale. Für „Dear Mr. Wonderful“ und „Das Schweigen des Dichters“ folgen Ende der 80er Jahre weitere deutsche Filmpreise. 2008 erscheint Peter Lilienthals jüngstes Werk, „Camilo – Der lange Weg zum Ungehorsam“, das von dem amerikanischen Kriegsdienstverweigerer Camilo Mejia handelt, der nach sechsmonatigem Einsatz im Irakkrieg während eines zweiwöchigen Heimaturlaubs aus der US-Armee desertierte.

Seine hochpolitischen Filme beruhen allesamt auf eigenen Erfahrungen, sei es in Nazideutschland oder in Südamerika, deren Diktaturen er sich zum Thema wählt. Doch ihm geht es weniger um die konkreten Geschehnisse und die Fakten: Er ist der Klimaforscher der Emotion, der Architekt von Gefühlen, mit denen er die Einstellung des Zuschauers auf die Probe stellt. Peter Lilienthals Kino ist eine sehr poetische Angelegenheit, in der schon die Dialoge eine neue Welt generieren, aus der wir viel über uns selbst lernen.

Gedreht in München, Berlin und Uruguay nimmt das Porträt den Zuschauer mit in die Welt eines Regisseurs, der stets der sanfte aber unnachgiebige Rebell des deutschen Kinos geblieben ist. In Montevideo begleitet das Kamerateam ihn bei den Recherchen für einen neuen Spielfilm.

Freunde und Kollegen wie unter anderen der Regisseur Wim Wenders und Deutschlands berühmtester Kameramann Michael Ballhaus, den Lilienthal in den 60er Jahren überhaupt erst zum Film holte, kommen in der Dokumentation zu Wort. Sie erzählen über die gemeinsame Zeit und über das, was sie von einem der wichtigsten Begründer des Neuen Deutschen Films gelernt haben