Bereits das zweite Interview mit mir zum Thema Unternehmenschroniken und Unternehmerbiografien können Sie ab heute im Blog von inspire pr lesen. Das erste Interview finden Sie hier.

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Von Natur aus teilt der Mensch seine Erinnerungen gerne anderen mit. Eine Unternehmerbiografie bietet die einmalige Chance, zu erklären, wie und warum man bestimmte Unternehmensentscheidungen gefällt hat und eigene Sichtweisen offen zu legen. In diesem Interview spricht der promovierte Kunsthistoriker Dr. Andreas Mäckler, Buchautor und Leiter des Biografiezentrums, über eine außergewöhnliche Art des Marketing und macht deutlich, wieso sie auch für kleine und mittelständische Unternehmen nur lohnenswert sein kann.

Aus welchen Motiven wird eine Unternehmerbiografie für gewöhnlich gewünscht und welche Erwartungen hat der Auftraggeber?

Die zentralen Erwartungen an eine Unternehmerbiografie sind selbstverständlich, dass ein gut lesbares und schön gestaltetes Buch entsteht. Von sehr großer Bedeutung ist immer auch die Würde eines solchen Buches, da es meistens eine Art Denkmal für den Gründer oder Unternehmer beziehungsweise die Firma, in der er gewirkt hat, darstellen soll. An dieser Stelle ist nun besonders der Biograf gefragt: Es ist einiges handwerkliches Können von Nöten, um eine Biografie nicht nur gut lesbar, sondern im besten Falle auch noch spannend zu gestalten.

Welche Voraussetzungen sollte das Leben beziehungsweise Wirken eines Unternehmers erfüllen, damit eine interessante Biografie entstehen kann?

In den allermeisten Fällen ist die wechselvolle Entwicklung eines Unternehmens schon interessant genug. Schließlich musste fast jede Firma im Laufe ihrer Geschichte zahlreiche Probleme und Hindernisse überwinden, um zu dem zu werden, was sie heute ist. Beispielsweise habe ich vor kurzem eine Firmengeschichte des Autohauses Widmann verfasst und ein Autohaus würde man ja sicher nicht als besonders spannendes oder außergewöhnliches Unternehmen bezeichnen. Hier gab es aber trotzdem eine interessante Geschichte zu erzählen. Von den Anfängen als Hufschmied entwickelte sich die Firma nach dem zweiten Weltkrieg, als die Zeit der Pferdegespanne vorüber war, zu einem Autohaus im heutigen Sinne. Es kann also auch über einen Unternehmer, der in einer auf den ersten Blick eher unscheinbar wirkenden Firma tätig ist oder war, eine sehr interessante Biografie geschrieben werden.
In einigen, wenigen Fällen stehen natürlich auch spezielle, revolutionäre Erfindungen eines Unternehmens im Vordergrund. Diese sind aber wie bereits erwähnt keine zwingende Voraussetzung.

Herr Dr. Mäckler, was könnte ein günstiger Zeitpunkt beziehungsweise Anlass zu einer solchen Biografie sein?

Natürlich hat eine Großzahl der Unternehmer, über die eine Biografie erscheint, ein gewisses Alter schon erreicht. Als konkreter Anlass dient dann häufig ein Jubiläum des Unternehmens oder der Abschied des Unternehmers aus der Firma. Es ist beispielsweise sehr beliebt, dass ein Unternehmen eine Biografie in Auftrag gibt und diese dem angehenden Ruheständler dann als Abschiedsgeschenk überreicht. Aber auch im Hinblick auf die Unternehmensnachfolge macht eine Unternehmerbiografie Sinne, denn es der Nachfolger sieht hier, dass nicht nur Maschinen, sondern auch Ideen und Werte weiter gegeben werden. Ich persönlich finde es allerdings schade, dass Unternehmer oft erst zu einem so späten Zeitpunkt in Auftrag gegeben beziehungsweise verfasst werden.

Können Sie in groben Zügen die Vorgehensweise bei der Erstellung einer solchen Biografie schildern?

Ein erster, ganz zentraler Bestandteil beim Erstellen einer Unternehmerbiografie ist meist das Interviewen Beteiligter. Hier sammelt man Erlebnisse und Anekdoten von Wegbegleitern des Unternehmers. Dieser Schritt stellt in den häufigsten Fällen keinerlei Problem dar, da ja gerade Traditionsunternehmen oftmals über Mitarbeiter verfügen, die schon sehr lange für die Firma tätig sind.
Sehr hilfreich sind im weiteren Verlauf Archive von Zeitungen, da oftmals bereits Portraits zu verschiedensten Jubiläen erschienen sind und hier von Journalisten bereits gründlich recherchiert worden ist. Dies stellt eine sehr geeignete Basis für eine Unternehmerbiografie dar. In derselben Weise können natürlich auch bereits vorhandene Firmenchroniken dienlich sein. Anschließend ist es üblich, für jedes der Jahre, über die man schreiben will, eine Mappe anzulegen. In dieser trägt man dann Fotos, Urkunden, Patente und ähnliches mehr zusammen. Insgesamt vergehen in den meisten Fällen etwa ein bis zwei Jahre vom Aufrag bis zur Fertigstellung einer Unternehmerbiografie. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Dokumente und Archivmaterial meist nur begleitend zum Einsatz kommen, wohingegen im Vordergrund immer die menschlichen Erinnerungen stehen. Ein fehlendes Firmenarchiv ist als keinesfalls ein Grund, auf eine Unternehmerbiografie oder auch eine Firmenchronik zu verzichten.

Kommt es im Laufe der Arbeit häufig zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Auftraggeber und Verfasser? Wollen Auftraggeber die Vergangenheit des Unternehmens beschönigen?

Das kann natürlich vorkommen. Besonders in der Zeit des Nationalsozialismus tauchen hin und wieder Schwierigkeiten dieser Art auf. Man muss jedoch festhalten, dass der Biograf im Zweifelsfall immer Dienstleister und nicht Historiker ist. Es ist nicht seine Aufgabe, nach etwaigen Leichen im Keller des Unternehmers zu suchen. Da das letzte Wort selbstverständlich beim Kunden liegt, wäre es hier auch kaum hilfreich, zu diskutieren oder stur auf historischer Korrektheit zu beharren. Die Hauptaufgabe des Biografen besteht vielmehr darin, dass er sich mit eigenen Ideen einbringt, dem Auftraggeber Vorschläge zum Aufbau des Buches macht und verschiedene Möglichkeiten zur Lösung eventuell auftauchender Probleme aufzeigt.

Welche positiven Auswirkungen haben Unternehmerbiografien auf die Firma, in der der Unternehmer tätig ist beziehungsweise war?

Betonen muss man hier vor allem, dass es unklug wäre, eine Biografie nur auf einen bestimmten Effekt hin aufzubauen, den sie erzielen soll. Trotzdem ist es natürlich legitim, dass ein Unternehmer in einem solchen Werk gut dastehen will. Wichtig ist auch, seine Leistungen für die Firma angemessen zu würdigen und vor dem Vergessen zu bewahren. Somit kann eine Unternehmerbiografie nach außen das Profil eines Unternehmens schärfen und nach innen Anknüpfungspunkte für die Identitätsbildung schaffen. Mitarbeiter identifizieren sich leichter mit dem Unternehmer, einem Menschen, als mit einer Firmenleitlinie, die ja nur ein Stück Papier ist. Da Unternehmer und Unternehmen in den meisten Fällen sehr eng miteinander verflochten sind, kann eine Biografie, die einen Unternehmer in einem positiven Licht darstellt, folgerichtig auch positive Auswirkungen auf das Image seiner Firma haben. Ich möchte noch anmerken, dass bei Biografien über Unternehmen eher die Produkte und deren Entwicklung, sowie eine größere Anzahl von Personen im Vordergrund stehen, bei Unternehmerbiografien eher der spezielle Einfluss dieser einen Person auf die Entwicklung der Firma.

Kann man also zusammenfassend festhalten, dass es sich für eine große Mehrheit der Unternehmen lohnt, eine Biografie oder Chronik in Aufrag zu geben?

Auf alle Fälle. Gerade in der heutigen Zeit, da die internationale Konkurrenz sehr groß ist und Produkte immer weniger voneinander zu unterscheiden sind, kann die Tradition eines Unternehmens als Verkaufsargument zählen. Wenn man den Imagegewinn mit den Kosten eines solchen Buches abwägt, ist eine Unternehmerbiografie oder Firmenchronik immer eine lohnende Investition.