Mein Schwiegervater war einer der liebenswürdigsten Menschen, die ich in meinem Leben kennengelernt habe. Leider sind wir uns seit 2009 aber nur einmal jährlich begegnet, wenn Farida, unsere Tochter Anelia und ich für zwei bis drei Wochen zu Besuch nach Koona / Bezirk Wakiso (Uganda) gekommen sind. Dann begrüßte er uns stets mit den Worten: „Good morning! How are you?“ Meistens sagten wir dann „fine“, er antwortete mit „thank you“ – und damit war die Konversation schon wieder beendet. Ich sehe ihn noch vor mir, wie er anschließend die Ziege auf eine Wiese gegenüber unseres schönen Anwesens führte, festband und sich dann ein Sitzplätzchen im großen Garten unter Palmen suchte, wo er sein Frühstück serviert bekam und dann stundenlang das Gewusel verfolgte, spielende Kinder und Besucher, die kamen und gingen.


Vor seiner Pensionierung war Babuji („Babdschi“ ausgesprochen = Herr, Vater), wie wir ihn ansprachen, im Municipal Council von Mombasa (Kenia) für die Laden-Lizenzen in der Stadt zuständig gewesen, und wenn mal einer der vielen kleinen Ladenbesitzer, die wirtschaftlich oft nur mühsam über die Runden kamen, keine gültige Lizenz vorweisen konnte, nahm er meist einen kleinen Betrag von ihnen an, statt die Delinquenten aktenkundig zu machen. „Jeder bescheißt jeden“ war meine erste Lektion, die ich gleich am Anfang meiner Afrika-Reisen vermittelt bekam. „Für uns war es eine gute Zeit“, sagt Farida, meine Frau, „wir hatten immer genug Geld, als meine Geschwister und ich klein waren.“

Ich weiß nicht, ob es zwischen seiner beruflichen Tätigkeit und der Korruption, die nicht nur in Kenia und Uganda alltäglich ist, einen Zusammenhang gibt, aber Babuji süffelte auch recht gern Wagari (ugandischen Schnaps), und wenn seine Frau ihn zurechtwies, nicht so viel Geld fürs Trinken auszugeben, konterte er: „Ich habe nichts bezahlt! Meine Freunde haben bezahlt.“ Öfters musste er dann auf einer Schubkarre oder inmitten zweier Männer oder seiner Enkel nach Hause gebracht werden. Doch wir haben ihn geliebt! Babuji war stets freundlich und sanft.

Nun ist er am 2. Februar 2024 gestorben. Wir werden ihn in liebevoller Erinnerung behalten. Babuji war sehr religiös. Gott sei seiner Seele gnädig.