Eben mailte mir der Mankau Verlag als zusätzliche Information zum Buch von Klaus F. Schmidt (Nichts geht mehr – Vom Sodastream-Multimillionär zum Hartz IV-Empfänger), das ich Ihnen vor kurzem vorgestellt habe, folgendes Interview:

Interview mit Klaus F. Schmidt
Vom Multi-Millionär zum spielsüchtigen Sozialfall

„Nachdem ich meine Geschäftsanteile verkauft hatte, war ich von einem Tag auf den nächsten ohne Beschäftigung, ohne reizvolle Aufgabe. Selbst die Millionen konnten diese Leere nicht kompensieren. Da wurde der Reiz am Roulette-Tisch, diese Sucht nach Spannung, zum neuen Lebensinhalt.“ Klaus F. Schmidt, Multimillionär a. D., spricht über Erfolge, Misserfolge und Wendungen in seinem bewegten und ungewöhnlichen Leben.

Mit dem Vertrieb der „Sodastream“-Sprudelmaschinen haben Sie in den 1990er Jahren Millionenumsätze erzielt. Was hat zu diesem Erfolg geführt?

Schmidt: Ich war überzeugt davon, dass es für diese Geräte eine Nachfrage geben musste. Dieser Glaube an den Erfolg hat mich eineinhalb Jahre lang am wirtschaftlichen Existenzminimum ausharren lassen. Diese Beharrlichkeit wurde dann durch den überragenden Erfolg belohnt.

In ihrer Autobiografie kann man nachlesen, dass Ihr Leben alles andere als geradlinig verlief. Wo sehen Sie im Rückblick die entscheidenden Wendepunkte in Ihrem Lebensweg?

Schmidt: Prägend war wohl der frühe Umgang ausschließlich mit Erwachsenen. Die zum Teil traumatischen Erlebnisse in der Seefahrt, der große Erfolg mit der Sodastream-Firma, aber auch der erste Besuch einer Spielbank haben mein Leben nachhaltig verändert.

„Vom Sodastream-Multimillionär zum Hartz-IV-Empfänger“ lautet der Untertitel Ihres Buches. Was machen Sie heute, und welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Schmidt: Ich bin als Unternehmensberater tätig und würde die Sodastream-Erfolgsgeschichte gerne mit einem neuen interessanten Produkt wiederholen. Außerdem schreibe ich zurzeit an einem neuen Buch.

Sie haben Ihr gesamtes Vermögen am Roulette-Tisch verloren. Worin sehen Sie die Ursachen für Ihre Glücksspielsucht und was haben Sie dagegen unternommen?

Schmidt: Nachdem ich meine Geschäftsanteile verkauft hatte, war ich von einem Tag auf den nächsten ohne Beschäftigung, ohne reizvolle Aufgabe. Da entstand eine gewisse Leere. Selbst die Millionen konnten das nicht kompensieren. Eine Firma mit 70 Mitarbeitern zu führen und sich der juristischen Winkelzüge der Mineralwasserindustrie zu erwehren, bedurfte schon einiger Anstrengungen. Das setzte Adrenalin frei. Vielleicht hat mir das gefehlt, so dass ich den Reiz am Roulette-Tisch gesucht habe. Dieser Reiz, diese Sucht nach Spannung, steigerte sich in ein unkontrollierbares Bedürfnis und wurde zum neuen Lebensinhalt. Ich konnte nichts dagegen unternehmen, weil ich nichts gegen mich unternehmen konnte.

Ihr spektakulärer Prozess gegen das Bremer Spielcasino sorgte vor einigen Jahren für großes Aufsehen und beschäftigte die Medien. Wie denken Sie heute über die Glücksspielindustrie?

Schmidt: Dieses Buch soll Einblick geben, wie das Glücksspiel zur Sucht werden und einen Menschen in die Tiefe reißen kann. Das Glücksspiel wird nie zu verhindern sein, aber die zerstörerischen Auswirkungen können verhindert werden. Dies ist die Aufgabe des Staates. Aus humanitären wie auch aus fiskalischen Gründen. Denn die Schäden übersteigen die Einkünfte. Glücksspiel nützt nur Einzelnen, nicht dem Allgemeinwohl!

Ihr Erfolgskonzept lautet: „Gehe dem Erfolg auf den Grund und du wirst Beharrlichkeit finden!“ Woher stammt diese Maxime und wie hat sie Ihren beruflichen Werdegang beeinflusst?

Schmidt: Schon als Kind musste ich mich gegen widrige Umstände behaupten. Später in der Erwachsenenwelt verstärkte sich das noch. Das Wort „aufgeben“ war und ist für mich ein Fremdwort. Dennoch habe ich meine Beharrlichkeit nie als Lebensmotto begriffen. Ich denke, es ist nur eine persönliche Eigenschaft, die mir sehr geholfen hat, auch vermeintlich Unerreichbares zu erreichen, aber mich andererseits auch in große Gefahr gebracht hat. Ich habe beruflich immer Dinge begonnen, von denen ich anfangs wenig verstand, und dennoch war ich immer erfolgreich, egal, was es auch war. Die Voraussetzung meiner Erfolge war meine Beharrlichkeit. Letztendlich auch bei meinem größten Misserfolg, dem Glücksspiel. „Gehe dem Erfolg auf den Grund, und du wirst Beharrlichkeit finden“ erkannte schon Andrew Carnegie.

Was können Sie Menschen raten, die sich selbst als spielsüchtig bezeichnen und die nach einem Ausweg aus diesem Teufelskreis suchen?

Schmidt: Nur wenige Glücksspieler habe ich von sich sagen hören, sie seien spielsüchtig. Selbst wenn die Erkenntnis vorhanden ist, wird sie verdrängt und schon gar nicht gegenüber Dritten geäußert. Es ist wohl das Eingeständnis der größten Niederlage eines Menschen, wenn er feststellen muss, dass er keine Kontrolle mehr über sein Tun hat. Wenn er sehenden Auges in den Abgrund treibt. Und nichts und niemand, weder seine Familie noch Freunde noch das Wissen um das unausweichliche Ende, ihn vom Spielen abhalten kann. Dann ist er verloren, dann ist er spielsüchtig.
Nur eine Vertrauensperson, die sein Verhalten zwar nicht gutheißt, aber es versteht oder zu verstehen versucht, wird dann noch Zugang zu dem Betroffenen finden. Der nächste Schritt sollte zu einer therapeutischen Hilfeeinrichtung führen. Nur den Wenigsten ist ein Loskommen von dieser heimtückischen Suchtkrankheit ohne Hilfestellung möglich. Vor dieser Sucht ist niemand, der sich dem Glücksspiel hingibt, gefeit.